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Vergiftete Reise. Ghost Acres und die globale Ökonomie des Giftmülls

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 290156503
 
Ghost Acres, Mülldeponien jenseits nationaler Gerichtsbarkeit, und die Mobilität giftiger Abfallstoffe sind Grundelemente der heutigen globalen Giftmüllökonomie. Diese trägt ein Wirtschaftssystem basierend auf Expansion, Gewinnmaximierung und gleichzeitiger ökologischen Nachhaltigkeit, charakteristisch für den westlichen Industriekapitalismus nach 1970. Theoretisch gilt Material als Giftmüll wenn es als Abfall erheblichen Schaden für den Menschen oder die Umwelt anrichten kann. Praktisch gibt es keine weltweit verbindliche Definition. Dieser definitorische und regulatorische Mangel macht Giftmüll sehr mobil, konzeptionell und räumlich. Verschiedene Akteure, wie nationale Regierungen, internationale Institutionen, Unternehmen, NGOs oder Umweltaktivisten, schreiben Giftmüll unterschiedliche politische oder wirtschaftliche Wertigkeit zu. Auf dieser Grundlage importieren oder exportieren sie Gefahrengut und erschaffen so toxische Ghost Acres auf der ganzen Welt. Ghost Acres sind die zweite Grundbedingung der globalen Giftmüllökonomie. Insbesondere Industrieländer begannen im Anschluss an die grüne Wende der 1970er Jahre, ihre toxischen Abfälle, wie auch ganze Produktionsprozesse selbst, in erster Linie in Länder des globalen Südens zu verlagern. Konzeptionell verankern sich Ghost Acres zunächst innerhalb der Britischen Industrialisierung, deren Erfolg auf Ressourcen außerhalb Englands beruhte (Pomeranz, 2000). Heute sind diese virtuelle Landschaften jenseits nationaler Jurisdiktion ans Ende der globalen Warenkette gewandert. Sie verkörpern die Externalisierungsgesellschaft des Industriekapitalismus, in der Menschen nicht über ihre Verhältnisse leben, sondern über die Verhältnisse anderer (Lessenich, 2015). Hazardous Travels. Ghost Acres and the Global Waste Economy untersucht die Dynamiken der globalen Giftmüllökonomie seit den 1960er Jahren. Der Fokus liegt auf den politischen, kulturellen und sozio-ökonomischen Strukturen, welche es verschiedenen Akteuren erlaubte, giftigem Material unterschiedliche Wertigkeiten zuzuschreiben. Das Projekt basiert auf einer übergreifenden Studie (OS) welche die Strukturen und Dynamiken der Gestaltung der globalen Giftmüllökonomie im Laufe der Zeit untersucht, sowie drei Einzelfallstudien zu den drei Typen von Giftmüllverlagerung: (A) Giftmüllhandel zwischen den beiden deutschen Staaten, (B) Giftmüllrecycling in Indien und (C) der Export schmutziger Industrien nach Ecuador. Ziel des Projekts ist: (1) Identifizierung politischer, kultureller und sozioökonomischer Akteure und Strukturen, welche Diskurs und Praktiken der Giftmüllentsorgung formten, (2) Analyse der Übersetzungsprozesse zwischen gegensätzlichen Konstruktionen von Giftmüll sowie (3) Vergleich dieser Ergebnisse in globaler Perspektive. Letztendlich geht es um die Erforschung des Verhältnisses von Ökologie und Ökonomie unter Einbeziehung der Erkenntnisse der Globalisierungstheorie, des Postkolonialismus, ökonomischer Theorie und des Material Turns.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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