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Ehre und Ehrgemeinschaften im vormodernen Indien, 12.-14. und 16.-18. Jahrhundert: Ein Beitrag zur indologischen Ehr- und Emotionsforschung anhand tamilisch-textlicher Quellenmaterialien

Antragstellerin Dr. Barbara Schuler
Fachliche Zuordnung Asienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 289060917
 
Der zentrale Gedanke dieses Projekts liegt in der Arbeitshypothese, dass sich der Ehrhabitus zweier besonders ehrbewusster sozialer Gruppen (jatis), die der Velala und die der Maravar-Kallar grundlegend unterscheidet. Das Untersuchungsfeld ist die indische Kultur und der Tamilsprachraum. Der zeitliche Untersuchungsrahmen umfasst das 12.-14. und 16.-18. Jh.Wenn wir Ehre als eine kommunikative Tatsache oder einen Teilbereich der menschlichen Kultur betrachten, ist Ehre immer an bestimmte Zeiten und Kontexte gebunden und unterliegt somit dem Wandel. Eine der wichtigsten Aufgaben des Projekts besteht daher darin, der Frage nachzugehen: Welche Ehrmodelle hatten die fraglichen Sozialgruppen zu unterschiedlichen historischen Zeiten? Mit welchen Themen und Emotionsclustern waren diese verbunden? Und welche Rolle spielte Rang und Geschlecht? Damit wird für das Thema Ehre in der indischen Vormoderne ein neuer Weg für zukünftige Forschung versucht. Der Wert des Projekts liegt denn auch nicht in einem Beitrag zur Definition von Ehre, sondern in dem Versuch aus synchroner und diachroner Perspektive, Unterschiede, Kontinuitäten und/oder Veränderungen in den Ehrsemantiken und ehrinitiierten Emotionen zweier sozialer Gruppen anhand von Texten faktualen und fiktionalen Erzählens unterschiedlicher Gattungen und Funktionstypen aufzuzeigen. Eine solche Untersuchung zeigt Momente einer sozial- und kulturgeschichtlichen Veränderung auf und trägt substantiell zu unserem heutigen Verständnis der indischen Vormoderne bei. Der Arbeitsplan sieht drei Untersuchungsphasen vor:1. Es gilt herauszufinden, wie sich Situationen der Ehre in den ausgewählten Texten niedergeschlagen haben. Die situativen Komponenten sind im Rahmen des Kontexts zu analysieren und mit der Frage nach Emotionscluster und Kommunikationsprozess zu verbinden.2. Die gruppen- und zeitübergreifende Komparatistik des Ehrhabitus der zwei Sozialgruppen schließt sich an, wobei das analysierte Textmaterial auf typische Muster von Ehrkonzepten, Emotionsgewichtungen und Praktiken untersucht wird. 3. Konstanten und semantischer Wandel der Ehrmodelle sowie die jeweiligen sozial- und kulturhistorischen Kontextualisierungen werden untersucht, mit dem Ziel die sozio-kulturellen und gruppenspezifischen Bedingungen für Transformationen von Ehrmodellen erfassen zu können.Auf der Grundlage der Textstudien soll erstmals ein umfassendes Bild von Ehrmodellen und ihres Zusammenspiels mit historischen, sozialen und kulturellen Faktoren innerhalb des südindisch-tamilischen Kontextes entworfen werden. Die Befunde sind damit auch relevant für Grundfragen von Ehrkonzepten und Ehrkonflikten in Indien heute, insofern sie den Gegenwartsanalysen einen historischen Spiegel vorhalten, ja, erst die Grundlagen für jene schaffen. Sie sind zugleich ein Beitrag zur außereuropäischen Ehr- und Emotionsgeschichte und essentiell sowohl für komparative Studien als auch für die Theoriediskussion im Bereich emotional communities.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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