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The Tax State Between the Poles of Democracy and Capitalism. A History of Public Finance in West Germany (1949-1989)

Subject Area Modern and Contemporary History
Term from 2016 to 2018
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 287897891
 
Final Report Year 2019

Final Report Abstract

Während das Deutsche Kaiserreich und insbesondere Preußen in der Forschung lange und z.T. bis heute als sozial besonders ungleiche Gesellschaft mit einem ungerechten Steuersystem dargestellt wurde, zeigt ein Vergleich mit anderen führenden Industrienationen, dass das Steuersystem im deutschen Kaiserreich um die Jahrhundertwende vergleichsweise progressiv war. Unter anderem die Auswertung der Daten zur Einkommensteuer ergibt auch, dass weder Preußen noch das Deutsche Reich im Ganzen durch eine im Vergleich besonders ausgeprägte Ungleichheit gekennzeichnet waren. Ganz im Gegenteil belegen der Gini-Koeffizient und die Einkommensanteile der Spitzenverdiener, dass um die Jahrhundertwende in Deutschland eine größere Einkommensegalität als in Frankreich oder Großbritannien herrschte. In der Weltwirtschaftskrise betrieben die Präsidialkabinette anfangs keine, später allenfalls eine moderat antizyklische Finanzpolitik. Wegen der Reparationen war der Druck zu einer Austeritätspolitik in Deutschland größer als anderswo, doch der internationale Vergleich zeigt, dass auch die anderen führenden Industriestaaten bis 1933 auf eine antizyklische Finanzpolitik verzichteten. Selbst eine Labour-Regierung in Großbritannien verweigerte sich entsprechenden Ratschlägen eines John Maynard Keynes und folgte stattdessen klassisch-liberalen Empfehlungen zur Krisenbekämpfung. Auch wenn das Steuersystem im Nationalsozialismus progressiver wurde, zeigt der Vergleich, dass die These von Götz Aly, wonach die nationalsozialistische Regierung Steuermilde gegen die Massen und Härte gegen die Bourgeoisie habe walten lassen, nicht haltbar ist. Wie schon im Ersten stieg auch im Zweiten Weltkrieg der Spitzensatz der Einkommensteuer in den angloamerikanischen Demokratien sehr viel weiter an als in Deutschland, wohingegen die Geringverdiener stärker geschont wurden. Die deutschen Daten zur Einkommensverteilung zeigen zudem, dass der Anteil der Spitzenverdiener an den Gesamteinkommen von 1933 bis 1938 erheblich zunahm. Dass „Dritte Reich“ war weniger ein „Volksstaat“ als ein „Elitenstaat“.

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