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„Künstlike Werltspröke“ und „Schönes Rimbökelin“ – Erschließung und digitale Edition niederdeutscher Spruchsammlungen des 16. Jahrhunderts (Fortsetzungsantrag)

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2015 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 287283426
 
In der Lübecker Offizin des Druckers Johann Balhorn des Älteren wurden ab 1540 zwei niederdeutsche Spruchsammlungen gedruckt, die zu einem erheblichen Teil einen gemeinsamen Textbestand aufweisen, jedoch in der Anzahl der gesammelten Sprüche differieren: die in mindestens sechs Auflagen bis ca. 1601 zirkulierenden "Werltspröke" (WS) sowie das um 1548 erschienene "Rimbökelin" (RB). Zusammen tradieren diese beiden Sammlungen 856 mittelniederdeutsche Reimpaarversgruppen von zumeist zwei oder vier Versen, die aus gedruckten (und vermutlich auch handschriftlichen) Vorlagen exzerpiert und gelegentlich mit lateinischen Paratexten versehen wurden; mitunter finden sich auch längere Spruchketten von bis zu 29 Reimpaaren. Die Hauptvorlagen sind der 1539 von Ludwig Dietz in Rostock gedruckte "Reynke vosz de olde" (VD 16 R 990) sowie die Rostocker Narrenschiff-Ausgabe "Dat nye schip van Narragonien" von 1519 (VD 16 B 7077, aus derselben Offizin). Der überwiegende Teil der Texte wird in den beiden Sammlungen anonym tradiert, lediglich eine kleine Gruppe von ca. 20 Texten weist nach dem Muster der sog. Autoritäten eine Zuschreibung an biblische Personen, antike Philosophen oder Kirchenväter auf; erwähnenswert sind überdies Zuschreibungen an Sebastian Brant und Philipp Melanchthon.Das Corpus der in den WS und im RB vereinten Texte kann für sich in Anspruch nehmen, für den ganzen norddeutschen Raum die umfangreichste und einflussreichste Spruchsammlung des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit zu sein. Da Sprüche dieser Art zu Recht als "Ausdruck eines gemeinschaftlichen Erfahrungs- und Orientierungswissens" (Eikelmann 2009, S. 10*) und als Formulierungen von "Überzeugungen, Werten und Normen" (Hristova-Gotthardt 2010, S. 24) gelten können, handelt es sich bei diesen Drucken nicht nur um zentrale Dokumente der mittelniederdeutschen Sprach- und Literaturgeschichte, sondern zugleich um regelrechte didaktische Thesauri, die aufschlussreiche Einsichten in die kulturellen Praktiken der Formulierung, Weitervermittlung und Abwandlung von normativen Entwürfen erlauben und die in einem Atemzug mit bekannten oberdeutschen Spruchsammlungen des Johannes Agricola und des Sebastian Franck genannt werden müssten.Ziel des Vorhabens ist es, dieses wichtige, aber kaum erschlossene Corpus in Form einer TEI-XML-gestützten Edition zugänglich zu machen, welche zwei unterschiedliche Ausgabeformate ermöglicht:(a) eine Webdarstellung mit den edierten und kommentierten Texten, hochauflösenden Digitalisaten der Überlieferung, Erschließungsdaten (Tiefenerschließung der Überlieferungszeugen sowie Beschreibungen des Textcorpus und der Einzeltexte) und exemplarischen Studien zur Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte einzelner Sprüche und Spruchgruppen (z. B. die Überlieferung auf Artefakten oder die Zirkulation der Sprüche in Minnediskursen und im Kontext von didaktischen Großwerken) sowie (b) eine gedruckte Leseausgabe mit Kommentar, Übersetzung und ausgewählten Abbildungen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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