Detailseite
Beeinflussen verzerrte Wahrnehmung von Analysten und Talentschwund die Qualität von Kreditratings?
Antragsteller
Professor Dr. Andre Güttler; Professor Dr. Gunter Löffler
Fachliche Zuordnung
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung
Förderung von 2016 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 285168384
In den letzten 15 Jahren wurden die führenden Ratingagenturen Moody's, Standard and Poor's und Fitch häufig kritisiert. Die Asienkrise, die Bilanzskandale der frühen 2000er Jahre, die Ramsch-Hypothekenkrise in den USA und die Euro-Schuldenkrise haben sowohl die öffentliche Debatte als auch die wissenschaftliche Forschung intensiviert. Das vorherrschende Argument der Diskussion ist, dass die Qualität der Ratings durch die bestehende Marktstruktur und Interessenskonflikte beeinträchtigt wird. Daher konzentrieren sich die meisten Reformvorschläge auf eine Reduktion der Eintrittsbarrieren, eine Änderung der Anreizstrukturen und eine Steigerung der Transparenz. In diesem Forschungsprojekt wollen wir weitere mögliche Gründe für eine niedrige Ratingqualität beleuchten, welche bisher wenig Beachtung gefunden haben: Verzerrungen auf der Ebene der Ratingagenturen bezüglich eines Teils der Emittenten und Verzerrungen auf der Ebene der Ratinganalysten. Für die erstgenannte Art der Verzerrung wollen wir uns auf kulturelle und politische Treiber des Ratingverhaltens konzentrieren, da den dominierenden Ratingagenturen oft vorgehalten wird, bei internationalen Emittenten fälschlicherweise ihre angelsächsische Perspektive anzuwenden. Für die zweite Art wollen wir zunächst testen, ob verzerrte Wahrnehmung einzelner Ratinganalysten zu verzerrten Ratings führt. Diese Untersuchungen werden deutlich mehr Informationen als diejenigen auf Agenturniveau verwenden, z.B. Informationen über den Bildungshintergrund und die kulturelle Herkunft der einzelnen Analysten. Weiterhin werden wir untersuchen, ob der Wechsel von Ratinganalysten zu anderen Unternehmen die durchschnittliche Qualität der Analysten senkt ("Braindrain"). Die Projektergebnisse sollen wichtige Einblicke bezüglich der Objektivität von Ratingagenturen gewähren. Regulatoren und Ratingagenturen könnten unsere Resultate nutzen um Inkonsistenzen in den Ratingprozessen von Unternehmen und Staaten zu adressieren. Außerdem könnten Investoren lernen, ob, und wenn ja wie stark, Anleihen von verzerrten Ratings betroffen waren. Unsere Ergebnisse zu spezifischen Analysteneffekten sollten für die interne Organisation und die Regulierung von Ratingagenturen relevant sein. Sie können zum Beispiel Auskunft darüber geben, ob Agenturen die Rolle der Ratingkomitees gegenüber den einzelnen Analysten stärken sollten und ob sie auf kulturelle Vielfalt in den Komitees achten sollten. Die Braindrain-Untersuchungen werden zusätzlichen Aufschluss über die Rolle einzelner Analysten geben. Falls es einen Braindrain gibt, könnten die Agenturen Änderungen im Ratingprozess erwägen, um die Konsequenzen zu verringern (z.B. Stärkung des Ratingkomitees oder stärkerer Einbezug von quantitativen Methoden). Braindrain-Effekte können auch für die Regulierung relevant sein, etwa weil Reformen, die die Profitabilität von Agenturen verringern, es den Agenturen noch schwerer machen können, Analysten durch attraktive Vergütung an sich zu binden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen