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Die Nusairi-Alawiten im spätosmanischen Staat

Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 282976985
 
Das Projekt befasst sich mit der Geschichte der Nusairier, einer schiitischen Sondergemeinschaft mit Hauptsiedlungsgebiet in Kilikien und Westsyrien, in der Zeit zwischen 1840 und 1918. Im Untersuchungsfokus steht dabei vor allem die Interaktion zwischen Vertretern dieser Gemeinschaft, dem spätosmanischen Staat und protestantischen Missionaren. Die anfänglich stark von Ablehnung geprägte Haltung der Osmanen gegenüber den Nusairiern änderte sich in diesem Zeitraum beträchtlich. Grund hierfür war zum einen die zunehmende Intervention der europäischen Großmächte in die osmanische Innenpolitik zugunsten religiöser Minderheiten. Sie zwang den Osmanischen Staat, die Nusairier als eigene religiöse Gemeinschaft mit Rechten anzuerkennen. Ein anderer Faktor, der die staatlichen Akteure zu einer Annäherung an die Nusairier bewegte, war die Zunahme von missionarischen Aktivitäten amerikanischer und englischer Protestanten unter den heterodoxen Minderheiten. Aus Furcht vor der Infiltration der Nusairier durch diese Missionare bemühte sich Sultan Abdülhamid II., die Gemeinschaft in die muslimische Millet zu integrieren und sie der offiziellen hanafitischen Rechtsschule anzunähern. Der Bau von Moscheen und Medresen sollte aus den "Häretikern" gute und loyale Untertanen machen. Auch wenn in osmanischen Dokumenten von der Konversion von zehntausenden Häretikern zum sunnitischen Islam die Rede ist, hatte das Zivilisierungsprojekt Abdülhamids letztendlich keinen Erfolg. Auch die Missionare, die mit ihrer millenarischen Weltanschauung eine neue soziale Ordnung aufzubauen versuchten, konnten nur wenige heterodoxe Muslime auf ihre Seite ziehen. Die Nusairier machten ihrerseits in dieser Zeit einen kollektiven Transformationsprozess durch, innerhalb dessen sie zu der neuen Selbstbezeichnung "Alawiten" (türk. Aleviler, arab. Alawiyyun) übergingen. Trotz der großen Menge an osmanischem Archivmaterial und sonstigen Quellen ist die Geschichte der Nusairier in der spätosmanischen Periode erst wenig erforscht. Das geplante Projekt soll diese Forschungslücke schließen und geht dabei von der Hypothese aus, dass der Wandel in der Selbstbezeichnung Teil eines sozial-politischen Abgrenzungsprozesses der Nusairier vom Osmanischen Reich war, der schon einige Jahrzehnte vor dem endgültigen Zusammenbruch dieses Staates stattfand. Dieser Abgrenzungsprozess soll unter Berücksichtigung von Binnendifferenzen innerhalb der nusairischen Gemeinschaft selbst beleuchtet und komparativ zu vergleichbaren Prozessen bei anderen heterodoxen Gemeinschaften (insbesondere Kizilbash, Jesiden, Drusen) des Osmanischen Reichs in Relation gesetzt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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