Between protection and exploitation: Children in temple and palace households as a socioeconomic phenomenon in Early Southern Mesopotamia (3200-2000 BC)
Final Report Abstract
Das Projekt zielte darauf ab, den Unterhalt von zahlreichen Kindern durch die zentralen urbanen Haushalte (Tempel und Paläste) im frühhistorischen Mesopotamien (ca. 3200-2000 v. Chr.), dem heutigem Süd-Irak, aufzuklären. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kinder hauptsächlich einer bestimmten sozialen Herkunft und ökonomischen Stellung in den frühesten keilschriftlichen Archivquellen als „Minderjährige“ bezeichnet wurden. Sie waren nämlich die Kinder aus niedrigen gesellschaftlichen Verhältnissen. Die Verweigerung von Zugang zu und Kontrolle über Produktionsmitteln (Land) war der entscheidende Faktor, welcher diese rechtlich, ethnisch und ökonomisch heterogene Gruppe zu einer „Klasse“ machte. Diese Kinder bildeten durchschnittlich 5-10 % des gesamten „Personals“ von Tempeln, einer Art kommunaler hierarchischer Organisationen, die die Agrarproduktion und Redistribution kontrollierten. Als Mitglieder dieser Organisationen bekamen sie monatliche Ausgaben von Gerste (normalerweise 20 Liter) und seltener von anderen Grundmitteln (z.B. Wolle für Kleidung). Die demographische Studie über diese Minderjährigen hat gezeigt, dass sie sich in den Arbeitstruppen ihrer Mütter bis etwa zum sechsten Lebensjahr aufhielten. Danach wurden sowohl Jungen als auch Mädchen als erwachsene Arbeitskräfte bezeichnet. Ihre Wege gingen auseinander. Die Mädchen arbeiteten hauptsächlich in der zentralisierten Textilproduktion, während die Jungen sich den männlichen Truppen anschlossen, die unqualifizierte manuelle Arbeit für die zentralen Haushalte ausübten. Trotz der engen Anknüpfung an diese Organisationen wohnten die Kinder in privaten Haushalten. Ein interessantes Phänomen ist die Verwendung von Begriffen für junge Tiere („Brust- Kalb“, „getrenntes Kalb“, usw.), um diese Kinder zu bezeichnen. Die Adoption der Terminologie für Tiere war ein Mittel, diese Individuen als „Minderjährige“ zu bezeichnen. Andererseits betonten diese Begriffe ihre niedrige soziale Stellung. Die Herkunft der Kinder in den zentralen Haushalten war heterogen. Einerseits bildeten die Kinder der einheimischen Landlosen ihren Hauptteil. Andererseits belegen die Quellen einen Anstieg von Importen ausländischer Kriegsgefangener im Kontext des Übergangs von zahlreichen Stadtstaaten zu einem komplexen Territorialstaat und der damit verbundenen militärpolitischen Expansion von 2350-2000 v. Chr. Ausländische Kinder wurden manchmal wie Tiere gebranntmarkt und an die zentralen Haushalte als permanente Arbeitskräfte verteilt. Dieser Mechanismus sollte den Mangel an Arbeitsressourcen decken. Die Patronage von Kindern für die Reproduktion der Klasse von abhängigen Arbeitern und die Schaffung von administrativen Altersbezeichnungen im Kontext früher Staaten sind die zwei wichtigsten Schlussfolgerungen des Projektes. a) Die Unterstützung von Kindern durch die zentralen Haushalte war ein Mechanismus, um diese Individuen dauerhaft an diese Haushalte zu binden. Damit trug dieses Phänomen zur Reproduktion der hierarchischen Sozialstruktur und zur politischen und sozialökonomischen Ungleichheit in den frühurbanen mesopotamischen Gesellschaften bei. b) Während in vorstaatlichen Gesellschaften Kinder immer Verwandtschaft sind, bekommt der Begriff „Kind“ eine neue Dimension als „Minderjähriger“ in den frühen Staaten. Auf der theoretischen Ebene betont das Projekt das Potenzial der Altorientalistik als ein „Laboratorium“ für die Erklärung der grundlegenden gesellschaftlichen und historischen Fragen.
Publications
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- Going for the Subarean Brand: The Import of Labor in Early Babylonia. Journal of Near Eastern Studies 77 (2018): 263–278
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