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Zwischen Schutz und Ausbeutung: Kinder in Tempel- und Palasthaushalten als sozialwirtschaftliches Phänomen im frühen Südmesopotamien (3200-2000 v. Chr.)

Antragsteller Vitali Bartash, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280905572
 
Keilschrifttexte aus dem frühen Südmesopotamien ein auffallendes gesellschaftliches Phänomen: Tempel- und Palasthaushalte unterstützen zahlreiche Kinder aus unterprivilegierten Gesellschaftsschichten. Während diese Minderjährigen einerseits verpflegt wurden, wurden sie andererseits von frühauf als Arbeiter eingesetzt. Ihre soziale Mobilität war stark eingeschränkt und sie wurden oft Opfer von Krankheiten und Gewalt.Das Ziel des Projekts ist, den Unterhalt von Kindern in institutionellen Haushalten als ein gesellschaftliches Phänomen zu erforschen und seine Ursachen, Formen und Folgen zu erfassen. Von folgender Hypothese wird ausgegangen: Die Versorgung von Kindern durch die Haushalte hatte deutliche sozialökonomische Hintergründe. Einerseits wurden Kinder aus sozial ungesicherten Verhältnissen nicht sich selbst überlassen, wodurch soziale Konfliktpotentiale innerhalb der frühurbanen Gesellschaft entschärft werden konnten. Andererseits waren sie sowohl als Heranwachsende als auch als Erwachsene eine wichtige Arbeitsressource für die Tempel- und Palasthaushalten.Im Zuge der Datenerhebung wird eine Datenbank der relevanten Textbelege erstellt werden. Diese werden im Hinblick auf drei thematische Cluster untersucht:A) Terminologie und demographische Struktur: In den Texten dokumentierte Geschlechts- und Alterskategorien, sowie Krankheits- und Sterblichkeitsraten von Kindern sollen quantifiziert werden. Sowohl die historischen Kategorisierungsschemata für Kinder, als auch ihre demographische Struktur wird so fassbar.B) Zustrom und Reproduktion: Die Gründe für den Zustrom von Kindern in die institutionellen Haushalte sollen identifiziert werden. Zugleich soll festgestellt werden, in welchem Maße abhängige Arbeiterfamilien zur Vermehrung der Arbeitskraft der institutionellen Haushalte beitrugen.C) Verpflegung und Arbeitseinsatz: Art und Menge der als Kinder-Rationen festgehaltener Güter und die Organisation der Kinderarbeit werden in diachroner Perspektive untersucht und in Zusammenhang mit Geschlechts- und Alterskategorien gesetzt.Die Daten sollen dabei auf zwei Ebenen analysiert werden: Zuerst werden Textbelege mit Hilfe der historisch-philologischen Methode interpretiert. Darüber hinaus werden quantitative Methoden der Statistik und der historischen Demographie angewandt, um die Dynamik der einzelnen Aspekte in diachroner Perspektive zu verfolgen und um ihre Trends nachzuvollziehen. Während der Synthese werden quantitative mit qualitativen Daten verknüpft und im historischen Kontext des frühen Südmesopotamien verankert.Die erwarteten Ergebnisse der Studie erweitern den traditionellen Rahmen der Altorientalistik: Nicht nur wird eine Lücke in der Sozialgeschichte des frühen Mesopotamien geschlossen, vielmehr wird das Projekt mit empirischen Daten und theoretischen Schlussfolgerungen zu gesellschaftlich relevanten Diskussionen über die Ursachen von Kinderarbeit und die Rolle staatlicher Institutionen beim Kinderschutz beitragen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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