Handeln: Zwischen Freiheit und Rationalität. Leibniz, Crusius und der Satz vom zureichenden Grund
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die wichtigsten wissenschaftlichen Ergebnisse und Einsichten, die im Projekt erzielt wurden, sind die folgenden. Erstens konnte der rationalistische Standardeinwand gegen die voluntaristische Freiheitskonzeption der Möglichkeit, ohne Grund zu handeln, anhand der Konzeptionen von Ockham und Crusius widerlegt werden. Zweitens konnte die für den Voluntarismus von Crusius zentrale und in der Forschung bisher vernachlässigte metaphysische Motivation für die absolute Willensfreiheit als eine von der moralphilosophischen unabhängigen Motivation gewürdigt und für die Interpretation der Willensfreiheit bei Crusius fruchtbar gemacht werden. Drittens konnte insbesondere die für die Untersuchung frühneuzeitlicher Autoren relevante Erfahrung gemacht werden, dass historische Konzeptionen aus der Perspektive gegenwärtiger Ansätze umso fremder wirken, je größer die Differenzen im Bereich der Metaphysik sind, da die Distanz zu historischen Konzepten und deren Fremdheit hier besonders deutlich hervortreten. So lautet die allgemeine Frage, die aus dieser Differenzerfahrung entsteht, welche Konsequenzen eine Differenz im Hinblick auf die metaphysische Grundlage einer Theorie (moralischen) Handelns für die Vergleichbarkeit historischer mit gegenwärtigen Theorien hat, wenn man davon ausgeht, dass auch aus der Perspektive aktueller Fragestellungen nicht nur ein historisches, sondern auch ein systematisches Interesse an historischen Positionen bestehen kann. Diese Fragen nach den Zusammenhängen zwischen Metaphysik und Ethik in frühneuzeitlichen philosophischen Systemen, sowie auch die Frage nach der Möglichkeit der gegenseitigen Erhellung historischer durch gegenwärtiger Ansätze und umgekehrt werden in einem Folgeprojekt im Emmy Noether Programm untersucht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- “Between the Natural and the Supernatural: Ockham on Evident Judgements”, Topoi: 2016:1-10
Sonja Schierbaum
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11245-016-9445-5) - ‚Intellections and Volitions: Ockham’s Voluntarism Reconsidered‘, in: Jennifer Pelletier; Magali Roques (eds.), The Language of Thought in Late Medieval Philosophy, Springer: Dordrecht, 2017
Sonja Schierbaum
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-319-66634-1_8) - ‚Ockham on Awareness of One’s Acts: A Way Out of the Circle‘, in: M. Klein, N. Osorio-Kupferblum, O. I. Tóth (eds.), Consciousness and Memory in Medieval and Early Modern Philosophy, special issue of Society and Politics, vol.12, no. 2
Sonja Schierbaum
- ‘Freedom of Indifference: Its Metaphysical Credentials According to Crusius’, Fudan Journal of the Humanities and Social Sciences, pp.1-21
Sonja Schierbaum
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s40647-019-00253-7) - ‚Umgang mit sich selbst als Dialog: Hannah Arendts Modell des Denkens‘, Zeitschrift für philosophische Forschung 73 (2019), 2
Sonja Schierbaum
(Siehe online unter https://doi.org/10.3196/0044330826489496)