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Socio-Cultural Constructions of Vulnerability and Resilience. German and Polish Perceptions of Threatening Aquatic Phenomena in Odra River Regions

Subject Area Empirical Social Research
General and Comparative Literature and Cultural Studies
Term from 2015 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 277230079
 
Final Report Year 2019

Final Report Abstract

Ziel des Projekts war es zu untersuchen, inwiefern flussbezogene Vulnerabilitäts- und Resilienzwahrnehmungen der Gegenwart von (historisch entstandenen) kulturell-geteilten Wissenskonstruktionen beeinflusst werden. In der Vulnerabilitäts- und Resilienzforschung ging man in der Tradition der Humanökologie und der Naturgefahrenforschung lange davon aus, dass „Vulnerabilität“ und „Resilienz“, als objektive Tatsachen angesehen werden müssen und vor allem von Naturgegebenheiten, aber auch von bestimmten sozialen Faktoren abhängen. Diese Perspektive ignoriert, dass Gesellschaften – auf der Grundlage von kulturell-geteilten Wissensbeständen zu Naturphänomenen – ihre eigenen Wirklichkeiten in Bezug auf ihre Vulnerabilität und Resilienz entwickeln können. Im kommunikativen Konstruktivismus wird davon ausgegangen, dass kulturell-geteiltes Wissen in Diskursen konstruiert wird, die im historischen Verlauf jeweils regional- bzw. lokalspezifische Ordnungen hervorbringen können. Kulturelle Wissensordnungen können so beispielsweise über literarische Werke oder in Mediendiskursen entstehen und Wirkkraft im Wissen und Handeln von Akteuren entfalten. Bislang waren diese Annahmen allerdings kaum empirisch geprüft worden. Im Projekt sollten daher regional- und/oder nationalspezifische Wissensordnungen zu flussbezogenen Vulnerabilitäten und Resilienzen untersucht, ihre diskursive Konstruktion nachvollzogen und die genannten Annahmen ihrer Wirkkraft auf lokale Akteure überprüft werden. Der Untersuchungsfokus lag dabei exemplarisch auf den Oderregionen Eisenhüttenstadt und Frankfurt/Oder (für Deutschland) sowie auf Słubice und Breslau (für Polen), wo flussbezogene Probleme, vor allem in Form von Flutereignissen, seit Langem auftreten und zu einem wichtigen Thema geworden sind. In methodischer Hinsicht wurden im Rahmen eines Multi-Methodenansatzes drei Untersuchungsmodule aufgesetzt, die mit unterschiedlichen Methoden bearbeitet wurden: das Modul „Akteurswissen“ mit qualitativen und quantitativen Akteursbefragungen, das Modul „Medienwissen“ mit einer qualitativen Diskursanalyse und das Modul „literarisches Wissen“ mit hermeneutischen Analysen. Beim Vergleich von Wissensordnungen über alle drei Module hinweg (Akteurswissen, Medienwissen, literarisches Wissen) wurde deutlich, dass de facto kulturell-geteilte Wissensordnungen in flussbezogenen Vulnerabilitäts- und Resilienzkonstruktionen festgestellt werden können. Die Wissensordnungen unterscheiden sich dabei vor allem auf nationaler Ebene. Auf regionaler Ebene sind nur wenige Unterschiede in Erscheinung getreten. Wir konnten damit im Feld von flussbezogenen Vulnerabilitätsund Resilienzwahrnehmungen (national-)spezifische raumbezogene Ordnungen des Wissens aufdecken. Im Modul Akteurswissen der Gegenwart (2017) zeigte sich etwa, dass Vulnerabilitätswahrnehmungen in Bezug auf Hochwasserrisiken bei polnischen Akteuren sehr stark ausgeprägt und deutlich weiter verbreitet sind als bei deutschen Akteuren, obwohl die befragten polnischen Akteure nach Voraussagen für Hochwasserrisikogebiete aus topologischen Gründen weniger gefährdet sind als die deutschen Befragten. Die unterschiedlichen Vulnerabilitätskonstruktionen im Akteurswissen auf der deutschen und der polnischen Seite der Oder sind vor dem Hintergrund eines jeweils spezifischen Medienwissens zu sehen, das sich aufgrund unterschiedlich verlaufender Mediendiskurse auf der deutschen und polnischen Seite ebenfalls unterscheidet. Während in polnischen Mediendiskursen im Zusammenhang mit gefährdenden Fluten von 1997 bis 2017 vor allem Kampf- oder Kriegsmetaphern im Vordergrund stehen und das Mensch-Natur-Verhältnis angespannt erscheint, haben derartige Metaphern in Deutschland bis zum Jahr 2017 stark abgenommen. Sie kommen im Vergleich zu Artikeln der polnischen Presse deutlich weniger vor. Vielmehr herrschen öko-orientierte Narrative vor. Im Rahmen des Moduls „literarisches Wissen“ konnte ferner die spezifische – historisch gewachsene – diskursive Genese von Vulnerabilitäts- und Resilienzkonstruktionen für Deutschland und für Polen aufzeigt werden, die in beiden Ländern schon seit der Phase der Romantik jeweils unterschiedlich verlief. Angesichts der Ergebnisse kommen wir am Beispiel von flussbezogenen Vulnerabilitäts- und Resilienzkonstruktionen zu dem Schluss, dass kulturelle Wissensordnungen, die – historisch – in Diskursen entstanden sind, durchaus Einfluss auf gegenwärtiges Wissen von Akteuren nehmen können.

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