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Air Travel: On the Embodied Accomplishment of Technically Augmented Mobility

Subject Area Empirical Social Research
Term from 2015 to 2020
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 271437442
 
Final Report Year 2021

Final Report Abstract

Das Reisen zählt zu den zentralen Praktiken globalisierter Gegenwartsgesellschaften. Trotz der inzwischen sehr guten Möglichkeiten zu digitaler statt physischer Präsenz, ließ sich bis Ende 2019 eine beeindruckende Zunahme des Reisens, insbesondere von Flugreisen, als nahezu konstanter Trend festmachen. Erst mit Ausbruch der CoViD-19 Pandemie brach der Flugverkehr weitgehend ein. Körperliche Präsenz scheint also spezifische soziale Funktionen zu erfüllen, die gegenüber anderen Nachteilen (etwa hohen Umweltkosten) überwiegen. Dennoch schenkt die Soziologie dem Reisen (und räumlicher Mobilität im Allgemeinen) bislang wenig Aufmerksamkeit. Insbesondere im Bezug auf eine Körpersoziologie alltäglicher Bewegung besteht (auch im Bereich der interdisziplinären Mobilitätsforschung) nach wie vor ein hoher Forschungsbedarf. Dieses Desiderat nahm das Projekt „Die Flugreise: Zum körperlichen Vollzug technisch beschleunigter Bewegung“ zum Ausgangspunkt. Seine Leitfrage galt der Körperlichkeit technischer Mobilität, womit es auf eine soziologische Durchdringung von Weitstreckenmobilität als soziale, kulturelle und performative Praxis abzielte. Methodisch war es als Ethnografie angelegt, im Rahmen derer Interaktionsbeobachtungen (i.e. teilnehmende Beobachtungen) und verbale Rekonstruktionen (qualitative Interviews und „Logbücher“, i.e. protokollartige Beschreibungen einzelner Flugreisen durch Reisende) produktiv ineinander griffen. Die Adaption von Körpern an ihre dingliche Umwelt lässt sich durch den gesamten Verlauf einer Flugreise hindurch nachvollziehen. Dabei zeigt sich eine starke Prägung des Tuns durch das Flugzeug und seine spezifischen Eigenschaften, die Flugreisende im Vorfeld antizipieren und denen sie in situ entsprechen. Spätestens, wenn sie im Flugzeug Platz nehmen und sich anschnallen, geben die Passagier:innen die körpereigene Mobilität weitgehend auf. Im Flugzeug herrscht nicht nur eine strikte Arbeitsteilung zwischen Besatzung und Fluggästen, sondern auch eine „Mobilitätsteilung“: Flugbegleiter:innen übernehmen die meisten Wege der Passagier:innen und bestimmen damit auch weitgehend die (zeitliche) Organisation basaler Bedürfnisse wie Essen und Schlafen (nach logistischen und/oder flugbedingten) Erfordernissen. Trotzdem erfordert das vordergründig „passive Mitfahren“ auch einen erheblichen Beitrag der Passagier:innen, indem praktisches Wissen aus dem Alltag, wie etwa die Fähigkeit über längere Zeit unter großteils Unbekannten (und deren Körpern) ruhig zu sitzen, auf die Gegebenheiten des fliegenden Vehikels angepasst werden. Mit einigem Aufwand halten Passagier:innen die enge materielle Verschränkung ihrer Körper mit dem Flugzeug (auch gegen verschiedene Widerstände) durchgängig aufrecht. Die Studie leistet in mehrfacher Hinsicht einen Beitrag zum aktuellen Forschungsstand: Sie erweitert die soziologische Diskussion über Mobilität, indem sie Körpersoziologie und Mobilitätsforschung aufeinander zu bewegt. Dabei trägt sie mit dem Blick auf die Körperlichkeit technischer Mobilität auch zur materialitätstheoretischen Erforschung des Verhältnisses von Körpern und Artefakten/Technik bei. Mit dem Fokus auf Fluggäste wird zudem die (noch dünne) Forschungslage zum „Mitfahren“ gestärkt. Die transsituative Perspektive trägt nicht nur inhaltlich zur Erweiterung der Mobilitätsforschung bei, sondern schließt auch an aktuelle methodologische Debatten in der Ethnografie an. Schließlich trägt die Studie zur Erforschung des Verhältnisses zwischen Digitalisierung und körperlichem Reisen bei.

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