Dendroökologische Analyse der Dynamik des Mashejsees im Altai-Gebirge, Sibirien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Masheysee im südsibirischen Altai-Gebirge staute sich bis zu seinem Ausbruch im Juli 2012 regelmäßig im Sommerhalbjahr auf. Innerhalb des Seebeckens, das durch einen Damm aus einer Endmoräne mit Blockgletscherüberdeckung sowie Steinschlaghalde mit Permafrostkern gebildet wurde, finden sich zahlreiche Totholzstämme in situ, deren dendrochronologische und -ökologische Untersuchung Hinweise auf die Entwicklung des Sees geben. Wie die Chronologie der Schadensereignisse und Absterbezeitpunkte der Stämme illustriert, traten erste Ereignisse im Jahr AD 1601 auf. Der älteste bestimmbare Absterbezeitpunkt noch vorhandener Hölzer trat im Jahr 1623 ein. Das Einsetzen des Baumsterbens als Indikator für eine initiale Seebildung korreliert mit einer Kälteschwankung innerhalb der Kleinen Eiszeit, die im Altai-Gebirge durch zyklische Klimaschwankungen gekennzeichnet ist. Offensichtlich hängt die Entstehung des Sees mit der Kleinen Eiszeit unter dem Einfluss des einsetzenden Permafrostes zusammen. Bemerkenswert ist, dass der Zeitraum zwischen Schadensereignis und Absterbedatum der Bäume unterschiedlich lang andauert: während bei einigen Individuen die Zeitspanne rund 20 Jahre andauerte, betrug sie bei anderen über 150 Jahre. Hier wird der stets stark schwankende Wasserspiegel des im Winterhalbjahr trocken fallenden Sees eine Rolle spielen. Leider erlaubt die Verbreitung der datierbaren Stämme keine Rekonstruktion der Entwicklung der Seefläche basierend auf dem Einsetzen der Ereignis- bzw. Absterbejahre. Aus der relativen Lage dieser Zeitpunkte zueinander lassen sich jedoch Ausdehnungsgeschwindigkeiten ableiten. Die Werte liegen zwischen 0,01 m/a und 0,25 m/a mit einem Mittelwert von 0,1 m/a, was für das laterale Wachstum von Thermokarstseen in Periglazialgebieten typische Größenordnungen sind. Die aus 15 Bäumen mit jeweils zwei Bohrkernen erstellte Lokalchronologie fungiert als Grundlage für die Evaluierung der Klima-Wachstums-Beziehungen und weist eine hohe interne Homogenität auf. Die Analyse zeigt, das die Lärchen am Lake Mashey extrem schmale Jahrringe ausbilden, wenn (i) ein sehr kalter Winter und März geherrscht haben, (ii) im Vorjahr der Jahrringbildung ein kalter Herbst herrscht, oder (iii) nach einem warmen Winter eine kühl-feuchte Vegetationsperiode folgt. Die Extremjahranalyse zeigt, dass - für sibirische Regionen nicht überraschend - die Temperaturwirkungen gegenüber denen des Niederschlags, obwohl auch vorhanden, bedeutsamer sind und überdies die klimatischen Bedingungen bis zum Beginn der Vegetationsperiode bedeutsamer für die Ausbildung der Jahrringbreiten als diejenigen der Vegetationsperiode selbst sind. Insgesamt reflektieren die durchgeführten Telekonnektionen den regionalen Charakter des Klimas im Altaigebirge, das kaum weitere Fernbeziehungen, insbesondere nicht zu den großen Waldgebieten Sibiriens, aufweist.