Association and Identity in Eastern Mediterranean (1300-1360). Building and Coagulating Groups, Networks and Lordships
Islamic Studies, Arabian Studies, Semitic Studies
Final Report Abstract
Die Dissertationsarbeit Adrian Gheorghes hat die starke Heterogenität der von Anatolien auf europäisches Gebiet kommenden Söldnergemeinschaften belegt. Ein erstaunliches Ergebnis der im geförderten Projekt fortgesetzten Forschungen ist jedoch, dass das Ausmaß der Beteiligung lokaler Machthaber und Gruppierungen sehr viel höher war als ursprünglich angenommen, ihr gesellschaftlicher Status dagegen deutlich geringer. Freilich war zu erwarten, dass die Osmanen über weder die elitengesellschaftlichen Mechanismen noch den Willen verfügten, um größere und zahlenmäßig starke Entitäten in ihr Herrschaftssystem zu integrieren. Dass aber auch Elemente, die ursprünglich aus einem überaus niedrigen gesellschaftlichen Stand stammten, außergewöhnlich erfolgreich waren, ist eine zentrale neue Erkenntnis. Auf diesen Ergebnissen basierend lag die Vermutung nahe, dass vor allem diese Neuankömmlinge das regionale Machtvakuum auf multiplen Ebenen gefüllt haben. Indem die dominierenden Eliten sich gegenseitig ausschalteten, traten die nicht mehr unter Kontrolle befindlichen Klein- und Kleinsteliten, darunter vor allem diejenigen mit militärischer Erfahrung, nahezu unmittelbar an ihre Stelle, um für ihre eigenen Herrschaftsansprüche möglichst viel Raum zu schaffen, bevor neue Gewaltmonopole etabliert wurden. Ihr Erfolg ging aber nicht nur auf situativ geschicktes timing und Tempo zurück, sondern insbesondere auf ihre strategische Position zum Zeitpunkt, als das Machtvakuum entstand. Die ersten Evrenoi wohnten buchstäblich nur einige Minuten entfernt von den Schlüsselstützpunkten des größten Verlierers der damaligen Auseinandersetzungen, nämlich Kantakouzēnos (Pythion und Didymothichon). Die neuen Lokalherren bewegten sich in einem Milieu, das sie entweder sehr gut kannten (Evrenoi) oder das ihnen zu Legitimität verhalf (Süleyman bei der „Übernahme“ der territorialen Machtsphäre seines Schwiegervaters). Die Integration oder, genauer gesagt, die Gewinnung dieser neuen Lokalherren für die „osmanische Idee“ kann nur durch die Ergebnisse des ersten Teils des Projektes nachvollzogen werden. Hierbei wurde gezeigt, dass die anatolischen Kriegsunternehmen ständig auf der Suche nach Rekruten waren und dass der europäische Raum nicht nur der Markt war, auf dem um neue lukrative Kriegsaufträge geworben wurde, sondern auch ein Transferort von Eliten- und Herrschaftswissen. Dabei imitierten die anatolischen Herren nicht nur das das strategische Agieren der früheren Katalanischen Kompanie, sondern entwickelten dieses wirtschaftlich-militärische Konzept sogar bis hin zur Verletzung von religiösen Tabus weiter. Die Untersuchung hat hierbei die entscheidende Rolle dieses zuvor wenig beachteten katalanischen Modells nachgewiesen und die modulare Konstruktion einer Söldnerkompanie analysiert, wobei das Hauptunternehmen aus mehreren mobilen und halbautonomen Zellen (Kleinkompanien) bestand, die ihrerseits ähnlich aufgebaut waren usw. Die Perspektive eines beträchtlichen Profits und die Prestigeträchtigkeit des Anführers, das heißt des Kriegsherrn, vereinten diese Zellen, die aber weiterhin zumindest teilweise ihre separaten Interessen durchsetzen konnten. Sichtbar und belegbar wird dies durch ihre außerordentliche Mobilität. Überraschenderweise stabilisierten die großen Erfolge im östlichen Mittelmeerraum diese Gruppen aber nicht, sondern erhöhte diese Mobilität noch weiter. Infolge der Aussicht auf Reichtum eskalierte die Konkurrenz in der Kriegsbranche auf verschiedenen Ebenen, und zwar zwischen und innerhalb der jeweiligen Familien. Diese in schriftlichen Quellen schwerer fassbaren Prozesse konnten durch die recht komplexe Untersuchung der numismatischen Hinterlassenschaften akkurat nachvollzogen werden.