Institutional change and path dependencies. Determinants of structural-reform processes in Germany's eastern Laender
Final Report Abstract
Das Forschungsprojekt untersuchte, warum nach der Wiedervereinigung 1990 unterschiedliche Modelle von Schulstrukturen in den ostdeutschen Bundesländern und im wiedervereinigten Berlin eingeführt wurden. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde ein zweigliedriges Schulsystem eingeführt, bestehend aus Gymnasien und zusammengelegten Haupt- und Realschulen. Auch Brandenburg führte nicht die Hauptschule als eigenständige Schulform ein, führte jedoch ein Modell bestehend aus Gymnasium, Gesamtschule und Realschule ein. Mecklenburg-Vorpommern entschied sich für das aus Westdeutschland bekannte dreigliedrige Modell von Haupt-, Realschule und Gymnasien. Das wiedervereinigte Berlin behielt das viergliedrige Sekundarschulsystem von Westberlin für Gesamtberlin bei. Für die schulpolitischen Analysen erwies sich eine Integration der theoretischen Analysekonzepte institutioneller Pfadabhängigkeit mit akteur- und ideenzentrierten Ansätzen als fruchtbar. Für die ostdeutschen Bundesländer und Berlin wurde herausgearbeitet, dass die Übernahme drei- bzw. viergliedriger Modelle oder die neuen Schulstrukturmodelle einer Zweigliedrigkeit als ein Wechselspiel von Akteurskonstellationen und -strategien sowie Ideen erklärt werden können. Zudem zeigte die Wiedereinführung von Gymnasium und der Trennung von Regel- und Sonderschulen, dass an Pfade der Schulentwicklung angeknüpft wurde, die anschlussfähig an Entwicklungen im DDR-Schulsystem waren. Gerade die Erfassung von Ideen und Handlungsmustern erwies sich als ein sinnvolles Instrument, um Mechanismen des Wandels bzw. der Stagnation nachzeichnen zu können. Das integrierte Konzept von institutioneller Pfadabhängigkeit und akteur- und ideenbasierten Ansätzen legte das Augenmerk sowohl auf historisch bedingte, strukturelle Einbettungen von Reformen, als auch auf die Bedeutung von Agenten des Wandels, die machtbasierte Mechanismen von Beharrungskräften überwinden und institutionellen Wandel ermöglichen können. In der Verknüpfung von Konzepten institutioneller Pfadabhängigkeit und akteur- und ideenbasierten Ansätzen betrat das Forschungsprojekt Neuland für schulpolitische Forschungen. Überraschend war die enorme Bereitschaft von Kultusministerien, Archiven von Parteien, Interessenverbänden etc. amtliche und nichtamtliche Dokumente zur Verfügung zu stellen, und dies zum großen Teil auch kostenfrei. Groß war auch die Bereitschaft vieler schulpolitischer Akteure der damaligen Zeit für Experteninterviews zur Verfügung zu stehen. Jedoch muss angemerkt werden, dass das Projekt noch rechtzeitig durchgeführt wurde, denn einige Akteure konnten aus Krankheitsgründen oder anderen Gründen nicht mehr an Experteninterviews teilnehmen. Es handelt sich bei den 54 Experteninterviews, die als anonymisierte Transkriptionen vorliegen, somit auch um zeithistorisch einmalige Dokumente.
Publications
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(2016): Institutioneller Wandel durch Politiknetzwerke? Zur Analyse von Politiknetzwerken aus neoinstitutionalistischer Perspektive am Beispiel der Berliner Schulstrukturentwicklung, in: Kolleck Nina u.a. (Hrsg.): Traditionen, Zukünfte und Wandel in Bildungsnetzwerken, Münster: Waxmann, 17-36
Nikolai, Rita
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(2016): Institutioneller Wandel und Pfadabhängigkeit: Der Beitrag des Historischen Institutionalismus zur Analyse von Reformprozessen in Schulsystemen, in: Blömeke, Sigrid u.a. (Hrsg.): Traditionen und Zukünfte. Beiträge zum 24. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Opladen: Budrich, 77-87
Nikolai, Rita
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Entscheidungen in der Schulpolitik. Begründungsmuster von Parteien und die Rolle von Wissen. In: Reh, Sabine et al. [Hrsg.]: Wissen machen. Beiträge zu einer Geschichte erziehungswissenschaftlichen Wissens in Deutschland zwischen 1945 und 1990. Weinheim;
Nikolai, Rita/Rothe, Kerstin
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(i.E.): Zweigliedriges Schulsystem, in: Gläser-Zikuda, Michaela/Harring, Marius/Rohlfs, Carsten (Hrsg.): Handbuch Schulpädagogik, Münster: Waxmann/utb
Nikolai, Rita