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Verbal-Antisemitismen im Internet: eine linguistische Korpusanalyse zu den Tradierungsformen aktueller Judenfeindschaft im WWW

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2014 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 254862740
 
Antisemitische Einstellungen sind in Deutschland kein allein historisches, sondern ein unverändert aktuelles Phänomen, welches zudem auf allen gesellschaftlichen Ebenen und nicht nur am rechtsextremen Rand auftritt. Diese brisante Erkenntnis wird nicht nur von der Forschung bestätigt, sondern führte zu einer entsprechenden Thematisierung auf regierungspolitischer Ebene: Der Bundestag beauftragte 2011 ein Expertengremium, einen ausführlichen Bericht unter dem Titel Antisemitismus in Deutschland. Erscheinungsformen, Bedingungen, Präventionsansätze zu verfassen. Dieser Bericht, der im Januar 2012 vorgestellt wurde, problematisierte in diesem Zusammenhang die Präsenz eines sog. Alltagsantisemitismus, welcher eine bisher kaum wahrgenommene Kategorie bei der Erfassung (und Bekämpfung) aktueller Judenfeindschaft darstellt. Dieser ist nur schwer identifizierbar, da er - in der Gesellschaft weit verbreitet und tief verwurzelt - in indirekten und z. T. unbewusst produzierten Verbalisierungen bis in die Gegenwart weitergetragen wird. Wie genau diese Reproduktion antisemitischer Einstellungen gesellschaftsumfassend verläuft und welche Rolle dabei sowohl die Sprache als auch die neuen Medien spielen, ist allerdings, wie der Expertenbericht herausstellt, in der gegenwärtigen Forschung kaum empirisch untersucht worden. In diesem Projekt wollen wir dieses Desiderat aufgreifen, indem wir sowohl die Grauzonen des Verbal-Antisemitismus, also die vielen Formen indirekter Verbali-sierungen, die nicht von vornherein einem judenfeindlichen Stereotyp zuzuordnen sind, als auch die gegenwärtige Tradierungsweise desselben linguistisch untersuchen. Der Problematik der Grauzonen kann mittels exakten kognitionslinguistischen Analysen begegnet werden. In puncto Tradierung ist davon auszugehen, dass gerade das Medium Internet bei der sprachlichen (Re)Produktion von Verbal-Antisemitismen eine herausragende Rolle spielt. Durch dessen Kommunikationsspezifika begünstigt, können einschlägig judenfeindliche Äußerungen trotz des Tabus nach 1945 täglich formuliert und wieder stärker in die Mitte der Gesellschaft getragen werden, so dass sich entsprechende Einstellungen im öffentlichen Kommunikationsraum fortwährend festigen. Diese auf sprachlicher Ebene ablaufenden Prozesse sind bereits mehrfach festgestellt worden - die zwingend erforderliche detaillierte Erforschung derselben kann aber nur mit Hilfe genauer und umfangreicher linguistischer Analysen erfolgen, die mit diesem Projekt zur Durchführung kommen. Mit der Untersuchung des Sprachgebrauchs hebt sich das Projekt von der üblichen Antisemitismusforschung deutlich ab und kann dieser u. a. Forschungsrichtungen wichtige Impulse zuführen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Israel
Beteiligte Person Professorin Dr. Ruth Amossy
 
 

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