Rechtliche, insbesondere verbraucherschutzrechtliche, und technische Lösungen zur Realisierung von Vertragsabschlüssen über mobile Endgeräte
Final Report Abstract
Seit dem Jahre 2001 werden dem mobilen Onlinehandel, also dem Handel unter Verwendung mobiler Endgeräte auf Kundenseite, phantastische Geschäftsaussichten prognostiziert. Tatsächlich aber entwickelte sich jahrelang recht wenig auf diesem Gebiet - sieht man einmal vom Boom mit Handy-Klingeltönen ab. Erst mit der Einführung von Multimediahandys (iPhone und Nachfolger) in Verbindung mit einer Flatrate für die Internetnutzung per Mobilfunk haben sich seit 2008 neue Chancen für den Onlinehandel ergeben. Denn reguläre E-Commerce-Shops können nunmehr auch mit dem Handy besucht werden und die Hürde hoher bzw. unkalkulierbarer.Kosten schwindet mit vielfachen Flatrate-Angeboten. Verbraucherschutzvorschriften wurden über Jahre als weiteres Hindernis des M-Commerce diskutiert, da sich diese Vorschriften auf dem kleinen Display eines Handys bisher nicht erfüllen ließen. Den Onlinehandel treffen zahlreiche Informationspflichten, wonach der Anbieter bereits vor Vertragsschluss dem Verbraucher umfängliche Informationen klar und verständlich zur Verfügung zu stellen hat. Darüber hinaus setzt die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen durch den Onlinehandel voraus, dass die AGB dem Kunden vor Vertragsschluss in zumutbarer Form verfügbar gemacht werden. Auch dies scheiterte regelmäßig an den begrenzten Darstellungsmöglichkeiten der üblichen Handy-Displays. Rechtliche und technische Analysen sind bisher davon ausgegangen, dass es eine gesetzestreue Lösung für das genannte Darstellungsproblem nicht gibt. Juristische Lösungsvorschläge gehen daher in die Richtung, das Recht für den M-Commerce so auszulegen, dass die Anforderungen des Verbraucherschutzes wesentlich zurückgenommen werden. Das Forschungsprojekt McLaw hat sich demgegenüber zum Ziel gesetzt, die Belange des Verbraucherschutzes mit den technischen Gegebenheiten des M-Commerce in Einklang zu bringen. Dafür sind im Rahmen des Projekts eine Reihe von Lösungen entwickelt worden (a) Gesetzliche Informationspflichten Gerade im Hinblick auf die gesetzlichen Informationspflichten des Online-Handels schien eine Lösung noch vor wenigen Jahren ausgeschlossen. Ein durchschnittliches Handy-Display zeigte 100- 150 Zeichen an. Die Informationspflichten fordern jedoch insgesamt die Anzeige von bis zu 11000 Zeichen. Das wären insgesamt knapp 70-100 Bildschirmseiten, die jeweils oft nur Satzbruchstücke anzeigen. Dies wurde generell für absolut unzumutbar gehalten. Mittlerweile jedoch haben Handys mit einer Displaygröße, die 3 bis 4mal mehr Zeichen anzeigen können, einen erheblichen Marktanteil. Gleichzeitig gibt es Bemühungen auf gesetzgeberischer Ebene, die gesetzlichen Informationslasten zu senken. Das Projekt McLaw beurteilt diese Entwicklung so, dass künftig Mobilfunkgeräte nicht mehr generell ungeeignet für eine rechtskonforme Darstellung gesetzlich vorgeschriebener Informationen sein werden. Vielmehr wird ein wachsender Anteil - und zwar mutmaßlich gerade jene, die vorwiegend für das Surfen im Internet Verwendung finden - durchaus in der Lage sein, die vorgeschriebenen Texte zumutbar darzustellen. Das zu lösende Problem besteht daher im Wesentlichen nur noch darin, zielsicher die mobilen Geräte herauszufiltern, mit denen eine rechtskonforme Darstellung nicht möglich ist, und diese vom Geschäftsabschluss im Internet auszuschließen. Für diese Aufgabe hat das Projekt McLaw eine Filtertechnik entwickelt, mit der Onlineshops ausgestattet werden können. Der Shop erkennt damit, wenn der Bildschirm des Kunden eine bestimmte Dar- Stellungskapazität unterschreitet. In die Bestellroutine ist eine Sperre geschaltet, die in diesem Fall den Kunden an der Bestellung hindert. Die Funktionsweise des Filters wird in einem Prototyp des Projekts für einen M-Commerce-Shop demonstriert. Weiter hat sich das Projekt McLaw mit eigenen Vorschlägen in die rechtliche Debatte um eine Entlastung des M-Commerce von einem Teil der gesetzlichen Informationspflichten eingeschaltet. Aus Projektsicht dient das dazu, den Anteil der Mobilfunkgeräte, die rechtskonform am M-Commerce teilnehmen können, möglichst auszudehnen. Je geringer die Informationslasten, desto mehr Handys können von der zuvor genannten Filtersoftware zum Geschäftsabschluss zugelassen werden. Allerdings dürfen die geforderten Informationen nicht soweit reduziert werden, dass die Ziele des Verbraucherschutzes nicht mehr erreicht werden können. Der Richtlinienvorschlag der EU- Kommission, der die Widerrufsbelehrung als vorvertragliche Pflicht fast vollständig abschaffen würde, geht in diesem Sinne zu weit. Das Projekt hat erstmals wissenschaftlich begründete Vorschläge für eine verbrauchergerechte Reduktion der Informationspflichten erarbeitet, indem es gezielt die für die vorvertragliche Situation des Onlineshoppings notwendigen Verbraucherinformationen identifiziert hat. (b) AGB-Problematik Allgemeine Geschäftsbedingungen, wie sie im Onlinehandel verwendet werden, haben nach den Erhebungen des Projekts einen Umfang zwischen 3000 und 16000 Zeichen. Auf kleinem Handy- Display (150 Zeichen) würde dies 20 bis über 100 Scrollseiten erfordern, was den Rahmen des Zumutbaren durchweg sprengt. Würden allerdings unter Einsatz der unter a) genannten Filtertechnik nur Handys, die wenigstens 300 Zeichen anzeigen, am Ohlinehandel teilnehmen, so könnten kurze AGB mit nicht mehr als 2500 Zeichen auf unter 10 Seiten zumutbar dargestellt werden. Für die Formulierung entsprechend kurzer AGB, die für die Zwecke des Onlinehandels zugeschnitten sind, hat das Projekt einen Vorschlag entwickelt. Allerdings gibt es Anbieter, die aus Gründen der Einheitlichkeit auf ihre im E-Commerce venwendeten ausführlichen AGB auch im M-Commerce nicht verzichten wollen. Für derartige AGB, die häufig mehr als 10000 Zeichen umfassen, ist eine zumutbare Darstellung auf dem Handy auch weiterhin nicht möglich. Für dieses Problem hat das Projekt McLaw ein automatisiertes Verfahren entwickelt, beim Einkauf mit dem Handy die gestellten AGB des Shops mit den voreingestellten Präferenzen des Kunden abzugleichen. Das Geschäft kann dann ohne weiteres mobil zustande kommen, wenn der jeweilige Anbieter nur solche Klauseln verwendet, mit denen sich der Kunde generell einverstanden erklärt hat. Ein solcher automatisierter Abgleich ist nur auf Grundlage eines standardisierten AGB-Katalogs möglich, aus dem die Anbieter ihre AGB auswählen und für den die Kunden ihre Präferenzen (akzeptabel oder nicht akzeptabel) vorab am PC für alle künftigen mobilen Geschäfte festlegen. Das Projekt hat einen solchen Katalog sowie die erforderliche Technik entwickelt und erprobt. Als erforderlich hat sich ein serverbasierter Dienst erwiesen, dessen Technik und Internetpräsenz mit allen wesentlichen Funktionalitäten als Prototyp vorgeführt werden kann. Im Interesse des Kundenvertrauens ist dabei ein restriktives Datenschutzregime implementiert worden, bei dem u.a. die Nutzer auf Verbraucherseite unter Pseudonym (ohne Klarname und E-Mail-Adresse) und damit für den AGB-Dienst anonym auftreten.
Publications
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Die rechtskonforme Darstellung der Widerrufsbelehrung im M-Commerce
Rose
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Matching General Terms and Conditions with Customer Preferences in M-Commerce Shops
Krüger/Boll
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Anwendungen des M-Commerce - Grenzen in Recht und Technik, in: Horster, Partrick (Hg.), D-A-CH Security 2007, Sauerlach 2007, 201
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Informationspflichten beim Klingeltonvertrieb im M-Commerce, K&R 2007, 233-239
Taeger/Rose
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Kleingedrucktes im Handy-Display - Standardisierte AGB als Grundlage einer automatisierten Vertragseinbeziehung, in: Taeger/Wiebe (Hg.), Aktuelle Entwicklungen im Informationstechnologierecht, Tagungsband Herbstakademie 2007, Edewecht 2007, 233-245
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Verzicht des Verbrauchers auf Informationsansprüche wegen technischer Beschränkungen im M-Commerce, in: Taeger/Wiebe (Hg.) Von Adwords bis Social Networks, Tagungsband Herbstakademie 2008, Edewecht 2008, 415-430
Rose
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Reduzierte Informationspflichten für den M-Commerce, K&R 2010, 159-166
Rose/Taeger