Kinship, Marriage and Politics in Early China in the light of ritual bronze inscriptions from the 11-8 cc. BCE
Final Report Abstract
Das Projekt untersucht die politische Organisation des frühen China vor dem Hintergrund seiner spezifischen gesellschaftlichen Strukturen anhand epigrafischer und archäologischer Quellen. Es identifiziert Verwandtschaftsverbände bzw. Lineages als die grundlegende Form der sozialen und der politischen Organisation der späten Shang- (ca. 13. – Mitte des 11. Jh. v. u. Z.) und der frühen Zhou-Zeit (Mitte des 11.- frühes 8. Jh. v. u. Z.). Als "Lineage" wird eine aus durch ihre männlichen Mitglieder patrilineal verwandten und durch korporative Tätigkeiten verbundenen Familien bestehende körperschaftliche Gruppe definiert. Dabei wird es darauf hingewiesen, dass eingeheiratete Frauen in die Verwaltung und die rituellen Angelegenheiten der Lineages ihrer Männer aktiv eingebunden waren. Anhand von Inschriften aus der frühen Zhou-Zeit wird rekonstruiert, dass aristokratische Lineages weitere, ihnen als "chen" (Diener) untergeordnete, in Familien und Lineages organisierte Bevölkerungsgruppen kontrollierten. Solche Lineage-basierte politische Einheiten (lineage-based polities) wurden in Zhou-Inschriften unabhängig ihrer Größe, ihrer Lage, ihres Autonomiegrads und ihrer ethnischen Zugehörigkeit als "bang" (Domäne, Herrschaftsbereich) bezeichnet. Der Shang-zeitliche Begriff "fang" (Viereck, Platz) stimmte in Bezug auf einzelne politische Einheiten mit dem Zhouzeitlichen bang wesentlich überein. Bang bzw. fang können bedingt als "Fürstentümer" bezeichnet werden. Sie stellten Einheiten sowohl der politischen als auch der militärischen Organisation dar. Als wesentlicher Faktor der Herausbildung von Lineage-basierten politischen Einheiten der späten Shang-Zeit (ca. 13-Mitte 11. Jh. v. u. Z.) wird der überregionale Handel von Rohstoffen und Prestigegütern erkannt. Die Kontrolle über Handelswege bzw. sich auf diesen Wegen bereits befindenden politischen Einheiten wird als der plausibelste Beweggrund für die Gründung von Zhou-Kolonien vermutet. In Anbetracht des bis heute zutage gebrachten archäologischen und epigrafischen Materials wird die Zhou-Kolonialisierung als ein non-linearer Prozess von langer Dauer von über zwei Jahrhunderten erörtert. Zhou-Kolonien, welche ebenfalls Lineage-basierte politische Einheiten darstellten, waren an die Unterstützung lokaler Eliten angewiesen, mit welchen sie Heiratsallianzen schlossen. Die Kolonialisierung wird also nicht bloß als Ergebnis einer Eroberung verstanden, sondern als Prozess, zu dem auch lokale Gruppen beitrugen. Angesichts schwacher Beweise einer regelmäßigen politischen und administrativen Kontrolle der Shang- und Zhou-Zentren über politische Einheiten an ihren Peripherien wird die überregionale politische Organisation sowohl der Shang- als auch der Zhou-Zeit als "politisches Netzwerk" statt "Staat" interpretiert. Der in Inschriften aus der frühen Zhou-Zeit vertretene Ausdruck "zehntausend bang in vier Gebieten der Welt" wird als Beleg einer pluralistischen Auffassung der politischen Ordnung durch die Zeitgenossen gedeutet. Gleichzeitig wird den in Inschriften zitierten königlichen Reden eine vergleichsweise schwache Machtrhetorik attestiert. Somit wird das traditionelle Narrativ infrage gestellt, dementsprechend die Shang- und die Zhou-Dynastie einen universellen Herrschaftsanspruch über riesige Reiche erhoben. Dennoch konnten die Shang- und die Zhou-Dynastien jahrhundertelang fortdauern, wobei sich ihre Könige auf Netzwerke alliierter Lineages bzw. Fürstentümer stützen konnte. Als wichtige Grundlage der körperschaftlichen Identität bzw. des körperschaftlichen Verhaltens im patrilinearen Netzw erk der Zhou wird insbesondere die vom Königshaus betriebene Pflege der Erinnerung an die ersten Könige – gleichzeitig die Gründer von über zwei Dutzend Fürstenlineages –erkannt. Patrilineare Verwandtschaft und Heiratsverwandtschaft werden als Kooperationsfaktoren im Zhou-Netzwerk von Lineages am Beispiel der Organisation und der Verwaltung von "Sechs Armeen des Westens" exemplarisch erörtert.
Publications
- “Reflections and Uses of the Past in Chinese Bronze Inscriptions from the Eleventh to Fifth Centuries BC: The Memory of the Conquest of Shang and the First Kings of Zhou,” in Baines, John et al. (eds.), Historical Consciousness and the Use of the Past in the Ancient World (Sheffield: Equinox, 2019), 157-180
Maria Khayutina
- “Shang mo Zhou chu Jiang, He zhijian jiaotongxian shang de jiazu zhengti: Yi Xi bang wei li“ 商末周初 江、河之间交通线上的家族政体:以息邦为例. In Chu wenhua yu Changjiang zhongyou zaoqi kaifa 楚 文化与长江中游早期开发, edited by Xu Shaohua et al., Wuhan University Press 2021. ISBN
978-7-3
Maria Khayutina