Neurokognitive Endophänotypen der Zwangsstörung und deren Hirnkorrelate
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen der bizentrischen Studie „Neurokognitive Endophänotypen der Zwangsstörung und deren Hirnkorrelate“ wurden Endophänotypkandidaten, die aufgrund eigener und anderer Vorbefunde vielversprechend waren, in der bislang größten tief phänotypisierten und genotypisierten Stichprobe von Patienten mit Zwangsstörungen (n = ~ 210), deren nicht affizierten Angehörigen ersten Grades (n = ~ 110) und gesunden, familiär nicht belasteten Kontrollprobanden (n = ~ 220) untersucht. Es wurden strukturierte klinische Interviews und klinische Fragebögen incl. Persönlichkeitsmessungen, behaviorale neuropsychologische Tests, EEG-Messungen, okulomotorische Messungen und fMRT-Messungen durchgeführt. Zudem wurde von allen Teilnehmern, wenn möglich, Biomaterial gesammelt. Die bisher gesicherten Befunde umfassen Auffälligkeiten bei Patienten und Angehörigen im Sinne der Endophänotypkriterien bei neuronalen Fehlersignalen (ERN), verminderter okulomotorischer Kontrolle (vermehrte Antisakkadenfehler mit kurzen Latenzen), geringere Planungsgenauigkeit, schlechtere Arbeitsgedächtnisleistungen unter hohen Anforderungen begleitet von reduzierter fronto-parietaler neuronaler Aktivität, sowie erhöhte Neigung zu Schadensvermeidung und zu Schizotypie (als Persönlichkeitsmerkmale). Gegenläufige Auffälligkeiten bei Patienten und Angehörigen (evtl. interpretierbar als kompensatorische Aktivität im Sinne von Resilienzfaktoren) fanden sich in der Asymmetrie der Alphaband-Aktivität im EEG, und in der BOLD-Response auf Fehler im Bereich des inferioren frontalen Gyrus in der fMRT. Der polygene Risikoscore, der in der EPOC-Stichprobe die Störung prädizieren kann (wenngleich mit wenig Varianzaufklärung) sagte ebenfalls das fehlerbezogene EEG-Signal (ERN), das Ausmaß der Schadenvermeidungsneigung und die arbeitsgedächtnisbezogene neuronale Aktivität im frontalen Kortex vorher. Für weitere Merkmale müssen die Analysen noch abgeschlossen werden. Schließlich erwiesen sich die ERN sowie die Neigung zur Schadensvermeidung als intermediäre Variablen in Mediatormodellen. Die Ergebnisse stehen im Wesentlichen im Einklang mit dem fronto-striatalen Modell der Zwangsstörung und stärken die Annahme bestimmter Störungsmechanismen der Zwangsstörung, die familiär transmittiert werden und teilweise unter genetischer Kontrolle zu stehen scheinen. Erste Mediationsanalysen stützen die Annahme, dass einige dieser Merkmale auf dem kausalen Pfad zwischen Genetik und klinischem Phänotyp liegen, und möglicherweise auch die Ansprechbarkeit auf eine Behandlung vermitteln. Diesen Aspekten muss in weiterführenden longitudinalen Analysen nachgegangen werden. Damit könnten einerseits ätiologische Hypothesen geprüft, andererseits versorgungspraktisch relevante Vorhersagen ermöglicht werden. Die Ergebnisse können auch zu neuen transdiagnostischen Konzeptualisierungen im Sinne der RDoC-Initiative beitragen. Von genetischer Seite ist zu erwarten, dass Weiterführungen des polygenen Risikoscore-Ansatzes und epigenetische Herangehensweisen für die genannten Ziele fruchtbar sein können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2020) The polygenic risk for obsessive-compulsive disorder is associated with the personality trait harm avoidance. Acta psychiatrica Scandinavica 142 (4) 326–336
Bey, K.; Weinhold, L.; Grützmann, R.; Heinzel, S.; Kaufmann, C.; Klawohn, J.; Riesel, A.; Lennertz, L.; Schmid, M.; Ramirez, A.; Kathmann, N.; Wagner, M.
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(2017). Frontal alpha asymmetry in OCD patients and unaffected first-degree relatives. Journal of Abnormal Psychology, 126(6), 750–760
Grützmann, R., Riesel, A., Klawohn, J., Heinzel, S., Kaufmann, C., Bey., K., Lennertz, L., Wagner, M., & Kathmann, N.
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(2017). Harm avoidance and childhood adversities in patients with obsessive-compulsive disorder and their unaffected first-degree relatives. Acta Psychiatrica Scandinavica. 135(4), 328–338
Bey, K., Lennertz, L., Riesel, A., Klawohn, J., Kaufmann, C., Heinzel, S., Grützmann, R., Kathmann, N., & Wagner, M.
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(2017). Volitional saccade performance in a large sample of patients with obsessive-compulsive disorder and unaffected first-degree relatives. Psychophysiology, 54(9), 1284–1294
Bey, K., Kloft, L., Lennertz, L., Grützmann, R., Heinzel, S., Kaufmann, C., Klawohn, J., Riesel, A., Meyhöfer, I., Kathmann, N. & Wagner, M.
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(2018). Impaired antisaccades in obsessive-compulsive disorder: Evidence from meta-analysis and a large empirical study. Frontiers in Psychiatry, 9, 284
Bey, K., Lennertz, L., Grützmann, R., Heinzel, S., Kaufmann, C., Klawohn, J., Riesel, A., Meyhöfer, I., Ettinger, U., Kathmann, N., & Wagner, M.
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(2018). Neural correlates of working memory deficits and associations to response inhibition in obsessive compulsive disorder. NeuroImage: Clinical, 17, 426–434
Heinzel, S., Kaufmann, C., Grützmann, R., Hummel., R., Klawohn, J., Riesel, A., Bey, K., Lennertz, L., Wagner, M., & Kathmann, N.
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(2018). Schizotypy and smooth pursuit eye movements as potential endophenotypes of obsessive-compulsive disorder. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience
Bey, K., Meyhöfer, I., Lennertz, L., Grützmann, R., Heinzel, S., Kaufmann, C., Klawohn, J., Riesel, A., Ettinger, U., Kathmann, N., & Wagner, M.
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(2019). Error-related brain activity as a transdiagnostic endophenotype for obsessive-compulsive disorder, anxiety and substance abuse disorder. Psychological Medicine, 49(7), 1207–1217
Riesel, A., Klawohn, J., Grützmann, R., Kaufmann, C., Heinzel, S., Bey, K., Lennertz, L., Wagner, M., & Kathmann, N.
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(2019). The erring brain: Error-related negativity as an endophenotype for OCD—A review and meta-analysis. Psychophysiology, 56(4), e13348
Riesel, A.