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Von Verwüstung zu Auferstehung: die Antwort des Korans auf die altarabische Dichtung
Antragsteller
Dr. Ghassan El Masri
Fachliche Zuordnung
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung
Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 248678153
Ziel des Projektes Von Verwüstung zu Auferstehung ist es, die Art der literarischen Bezüge, die den Koran mit der altarabischen Dichtung verbinden, erstens konkret zu bestimmen und zweitens zu untersuchen, inwiefern diese Beziehungen in der vorislamischen arabischen Kultur wurzeln. Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, eine angemessene Vergleichsgrundlage für die beiden Textkorpora zu schaffen und die gemeinsamen literarischen Charakteristika (Motive, Formen und Themen) zu differenzieren. Dies soll in einem ersten Schritt dazu beitragen, ein Verständnis für die kulturelle Situation, die in dieser Literatur reflektiert wird und in der sie selbst situiert ist, herzustellen.Mit dieser Absicht sollen im skizzierten Forschungsprojekt die drei ältesten überlieferten Sammlungen der vorislamischen Dichtung (Muallaqat, Mufaddaliyat, Asmaiyyat) auf Materialien hin untersucht werden, die es erlauben, die koranischen Diskurse zu verstehen. Darüber hinaus werden neueste Ergebnisse zur arabischen Epigraphie und Archäologie, ebenso wie literaturwissenschaftliche und historische Untersuchungen hinzugezogen, die das kulturelle Milieu der arabischen Halbinsel in der Entstehungszeit des Korans beleuchten.Der Antragsteller setzt sich mit der Hypothese auseinander, dass die kulturelle Wende, die mit dem Aufkommen des Islams angesetzt werden kann, sich teilweise in einer Rekonfiguration des literarischen Begriffsinventars, der Figuren und Stilformen niederschlägt, die in der vorislamischen Dichtung gebräuchlich waren und die nun in eine innovative Form religiöser Prosa übertragen werden.Es wird zu hinterfragen sein, inwiefern der literarische Mechanismus dieser Rekonfiguration ein Prozess der Theologisierung bedeutsamer Elemente der vorislamischen Qasida war, der in der Wiederaufnahme von poetischen Motiven in den mekkanischen Koransuren beobachtbar ist. Diese Motive stehen mit der die Vergänglichkeitsthematik evozierenden Frage nach dem Ubi sunt und dem Topos der talal (d.h. verlassene Lagerstätten, Verwüstung, Verfall oder Ödnis) in Zusammenhang. Sie sind assoziiert mit der existenziellen Frage, ob der Mensch in einem Kreislauf gefangen ist, der ihn fortwährend mit der Erfahrung des zerstörerischen und unerbittlichen Wirkens der Zeit (dahr) konfrontiert. Diese grundlegende existenzielle Frage, die einen Großteil bekannter altarabischer Dichtungen durchwirkt, wird im Koran aufgegriffen. Gott offenbart seine Gnade und Gerechtigkeit durch die Manifestationen seines Willens in der Entfaltung der Geschichte und in der Eschatologie. Das Motiv der talal, das durch den Dichter als offensichtliche Spur des zerstörerischen Wirkens der Zeit dargestellt wird, erscheint im Koran theologisiert, abgewandelt in ein göttliches Instrument der Auferweckung und gnädigen Belohnung einerseits sowie in ein Instrument der Bestrafung und Vergeltung andererseits.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Personen
Michael Marx; Professorin Dr. Angelika Neuwirth