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Intellektuelle Biographie über die Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes (1928-1969) Eine Untersuchung zur paradigmatischen Bedeutung einer Erfahrungsgeschichte im 20. Jahrhundert

Antragstellerin Dr. Christina Pareigis
Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 248206498
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsprojektes war die Erarbeitung einer intellektuellen Biographie der Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes (1928-1969). Diese Monographie soll die paradigmatische Bedeutung einer Erfahrungsgeschichte im 20. Jahrhundert sichtbar machen, in der mehrfaches Exil und Heimatlosigkeit unauflöslich miteinander verknüpft sind: als emigrierte Jüdin zwischen Europa, Israel und den USA, als weibliche Intellektuelle zwischen Kunst und Wissenschaft. Das Projekt wird wissenschaftlichen Disziplinen wie Biographieforschung, Exilforschung und Jewish Studies neue Impulse geben. Bislang erschöpft sich die Frage nach dem Exemplarischen von Biographien weiblicher jüdischer Intellektueller oft in Einzelaspekten (‚weiblich jüdisch’ oder ‚Exil’); die Analyse von Texten als intellektuelle Zeugnisse verbleibt nicht selten im Hintergrund. Für das Projekt einer intellektuellen Susan Taubes-Biographie hingegen bildet Taubes’ schriftliche Hinterlassenschaften die alleinige Grundlage: Briefe, Tagebücher und Manuskripte dokumentieren ein außergewöhnliches intellektuelles und künstlerisches Netz von Begegnungen (z. B. S. Sontag, A. Camus, E. Lévinas) sowie ein Leben und Schreiben, das von politischer Gewalt und andauerndem Transit geprägt ist. Deren systematische Darstellung verspricht neue weiterführende Erkenntnisse, denn sie verbindet bislang überwiegend getrennt geführte Forschungsdebatten, so die Frage nach Figuren des ‚escape to life’ oder einer ‚Literatur ohne festen Wohnsitz’. Taubes’ literarische und theoretische Schriften der 1950er und -60er Jahre sind von einer bemerkenswerten Aktualität, z.B. hinsichtlich der Rolle von Religion in der Moderne oder der Infragestellung von Identitäts- und Biographiekonzepten. Letzteres inspiriert das Konzept der intellektuellen Biographie über die Autorin: Statt einen kohärenten Lebenslauf zu rekonstruieren, wird gezeigt, wie vielfältig und gravierend die Erfahrungen von Fremdheit und Verlust in Taubes’ literarisches und philosophisches Schreiben eingehen. Mit einem auf Dialogizität und Intertextualität ausgerichteten Verfahren werden die Korrespondenzverhältnisse zwischen Taubes’ Texten und Begegnungen sowie zwischen historischen Diskursen und subjektiven Erfahrungen herausgearbeitet. Der Aufbau des Buches orientiert sich am topographischen Netz, das aus Taubes’ verschiedenen Aufenthalten entsteht: Budapest, New York, Jerusalem, Paris. Dabei ergab die Durchsicht der umfangreichen Materialien, dass noch weiteren Orten eine Bedeutung für Taubes‘ Leben und Schreiben zukommt, darunter Galanta, Herkunftsort der Rabbinerfamilie, aus der sie stammte: als vorgeburtliche biographische Station. In welchen Beziehungen stehen diese Orte zu Taubes’ intellektueller und künstlerischer Arbeit? In welcher Weise sind Taubes’ Bewegungen zwischen Geographien und Sprachen, zwischen Kunst und Philosophie konstitutiv für ihr Leben und Schreiben? Als Antworten auf diese Fragen entwerfen die einzelnen Kapitel diese Orte als historische, symbolische und imaginäre Schauplätze für Taubes’ Erfahrungen, die den Horizont ihrer intellektuellen Arbeit bilden. Dazu gehört die Suche nach Zugehörigkeit in der Auseinandersetzung mit dem Judentum oder die Reflexionen problematisch gewordener Identitätskonzepte in der Zeit nach dem Holocaust und Zweiten Weltkrieg. Die Reaktionen auf die projektbezogenen veröffentlichten Vorarbeiten der Antragstellerin lassen erwarten, dass eine intensive akademische Rezeption auch der Biographie erfolgen wird (Beispiele): Eine überfällige Entdeckung. Die Prosaschriften von Susan Taubes. Rezension von Jan Kuhlbrodt. In: www.fixpoetry.com; (03.03.2016) Jacques Schuster: Ein Leben in Finsternis. Susan Taubes ist vergessen. Nun ist ihr Nachlass nach Berlin gelangt und wird Schritt für Schritt veröffentlicht. Er offenbart eine Schriftstellerin von Rang. In: Die Welt (26. 06 2010).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Hinterlassenschaften/Remnants. In: Schlüsselbegriffe der Kulturwissenschaft/Key Concepts of Cultural Science. Trajekte 30 (April 2015), S. 40–51
    Christina Pareigis
  • Prosaschriften. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Werner Richter, hg. u. mit einem Nachwort von Christina Pareigis (Bd. 3 der Schriften von Susan Taubes, hg. v. Sigrid Weigel), München/Paderborn 2015
    Susan Taubes; hrsg. von Christina Pareigis
  • Außerhalb von Chronos' Familienalbum. Die Zeugnisse der Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes. In: Esther Kilchmann (Hg.): arteFrakte. Holocaust und Zweiter Weltkrieg in experimentellen Darstellungsformen in Kunst und Literatur, Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 183–194
    Christina Pareigis
  • Vom Eigenleben der Hinterlassenschaften. Zur Verzeichnung des intellektuellen Lebens und Schreibens von Susan Taubes. In: Daniel Weidner/Falko Schmieder (Hg.): Ränder des Archivs. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf das Entstehen und Vergehen von Archiven, Berlin: 2016, S.161–176
    Christina Pareigis
 
 

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