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Die Wolgaregion als Indikator für die Sprachenpolitik im Vielvölkerreich Russland heute.Mehrsprachigkeit im Spannungsfeld von Republiken und Föderaler Ebene

Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 245893150
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt ist durch zwei methodische Zugänge zur Analyse der Sprachenpolitik im Spannungsfeld zwischen Zentrum und Peripherie geprägt – den sprachsituationalen und sprachideologischen. Der regionale Fokus des Projektes liegt auf der Wolgaregion und die für das Projekt ausgewählten typologisch repräsentativen Sprachsituationen in Tatarstan, Baschkortostan und Mari El. Im Projektverlauf konnte dieser Fokus wesentlich erweitert werden. Im Rahmen der sprachsituationalen Analysen wurden umfangreiche soziolinguistische Porträts der Sprachsituationen in den ausgewählten Republiken gewonnen. Als Basis des sprachideologischen Zugangs wurde auf Grundlage der Datentriangulation ein umfangreiches Korpus aus offiziellen sprachpolitischen Dokumenten, Debatten in den Medien und Interviews mit sprachpolitischen Akteuren erstellt, das diskursanalytisch bearbeitet wurde, und zwar im Hinblick auf: die dominierenden Themen in den Republiken einerseits und dem Föderationszentrum andererseits, die Diskursstränge und diskursiven Muster sowie die Topoi. Insgesamt zeigt sich deutlich, wie dynamisch sich das Feld der Sprachenpolitik in der RF gestaltet und dass es sehr stark von diskursiven Aushandlungen geprägt ist: Die vergleichende Betrachtung von Sprachsituation und Sprachideologie belegt eindrücklich, dass sich die Diskrepanz der Sprachenpolitik de iure und de facto in den letzten Jahren vergrößert hat. - Mit unserer systematischen Untersuchung der Sprachenpolitik aus der Sicht der Republiken kann so das komplexe Aushandlungsfeld in der mehrsprachigen RF erfasst werden, und dies vor dem Hintergrund der europäischen Sprachenpolitik (insbesondere im Fall der Europäischen Sprachencharta) – solche Analysen sind auch relevant für andere multinationale (föderale) Gesellschaften. - Durch den Perspektivwechsel – von der Peripherie auf das Zentrum – konnte so gezeigt werden, dass die offiziell vertretene Auffassung von der Zwei- und Mehrsprachigkeit sowie Multinationalität kaum mehr als ein Lippenbekenntnis ist, während die Möglichkeiten der Nationalsprachen immer weiter eingeschränkt werden. - Während die aus der Sowjetzeit stammende Ideologie der Gleichheit der Sprachen offiziell fortgeführt wird, setzt sich de facto mehr und mehr das nation building allein auf der Grundlage des Russischen durch – verbunden mit einer Debatte über Monolingualimus–staatliche Einheit–Sicherheit (vs. Multilingualismus–Heterogenität– Destabilisierung). - Im Ergebnis des Projektes ist die heutige Sprachenpolitik in der RF in Bezug auf das Föderationszentrum als monolinguale Multinationalitätsideologie zu bezeichnen, die von Einheit und Homogenität sowie der Gleichsetzung von российский und русский geprägt ist. Dagegen ist die Sprachenpolitik in Bezug auf die Peripherie, v.a. die Republiken, als zwei- und mehrsprachige Multinationalitätsideologien zu charakterisieren, die von Vielfalt geprägt ist sowie von der Ungleichsetzung von российский und русский. - Das Spannungsfeld zwischen Zentrum und Republiken ist als Schlagabtausch, als Ping Pong zu charakterisieren. Aus der Perspektive der Republiken wird die zentrale Ideologie der Einheit und Homogenität nicht nur in Debatten, sondern auch in Form neuer Sprachprogramme und -Gesetze herausgefordert oder auch in Frage gestellt, was wiederum entsprechende Reaktionen auf föderaler Ebene nach sich zieht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Sprachenpolitik in der Russischen Föderation aus der Sicht der Republiken. Am Beispiel der Wolgaregion. In: Kempgen, S. / Wingender, M. / Franz, N. / Jakisa, M. (eds.), Deutsche Beiträge zum 15. Internationalen Slavistenkongress Minsk 2013, München 2013: 325-33
    Wingender, Monika
  • Sprachenpolitik in der Russischen Föderation. Zur Simulation der Implementierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Russland. In: Bernsen, M. / Eggert, E. / Schrott, A. (eds.), Historische Sprachwissenschaft als philologische Kulturwissenschaft. Bonn 2015: 179-193
    Wingender, Monika
  • (2016), Sprachenpolitik im postsowjetischen Raum zwischen Regionalisierung, Nationalisierung und Internationalisierung – mit Schwerpunkt auf der Russischen Föderation. In: Haslinger, P. / Wingender, M. / Galiullin, K. / Gilyazov, I. (eds.), Mehrsprachigkeit und Multikulturalität in politischen Umbruchphasen im östlichen Europa. Auftaktkonferenz ... in Kasan (19.-20. Oktober 2013). Wiesbaden: 11-28
    Wingender, M.
  • Mnogojazyčie v Volgo-Uralʹskom regione. Tom 1. Aktualʹnaja jazykovaja politika i jazykovaja situacija (= Specimina philologiae Slavicae, Band 189). - Frankfurt a. M. u.a.: Lang 2018. - 291 S. - ISBN 978-3-631-73794-1; ISBN 978-3-631-73795-8 (e-book)
    Müller, Daniel / Wingender, Monika (Hrsg.)
 
 

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