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Giorgio de Chiricos construction of artistic identity. His autobiographical writings and art theory in the context of Valori Plastici

Subject Area Art History
Term from 2013 to 2018
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 239343759
 
Final Report Year 2019

Final Report Abstract

Erstmalig wurde das umfangreiche schriftliche Oeuvre Giorgio de Chiricos (1888–1978) einer umfassenden diskursanalytischen Untersuchung unterzogen. Die methodische Herangehensweise stützte sich auf den jüngeren Forschungszweig der Künstler/innenforschung, die Fragen nach Selbstdarstellung, Identität und Autorfunktion in den Mittelpunkt stellt. Es konnte aufgezeigt werden, dass der Künstler in seinen kunsttheoretischen und autobiografischen Schriften verschiedene, teils widersprüchliche Entwürfe künstlerischer Identität in collageartigem Verfahren zusammenfügt. Die Wechselwirkung mit der zeitgenössischen Kunstkritik und -geschichtsschreibung sowie der zeitgenössischen Rezeption wurde in die Analyse mit einbezogen. So wurden die durch den Künstler formulierten Modelle künstlerischer Identität als Aneignungen und Transformationen traditioneller und neuerer Topoi und Habitusformen sichtbar gemacht. Sie resultieren aus dem Zusammenwirken von in zeitgenössischen Diskursen entwickelten Publikumserwartungen und Strategien des Künstlers, die er im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit zur Etablierung der Pittura Metafisica am italienischen Kunstmarkt nach dem Ersten Weltkrieg nutzte. Im Zentrum der Analyse standen die publizierten und unpublizierten Schriften vom Ende der 1910er bis zum Ende der 1920er Jahre unter besonderer Berücksichtigung von de Chiricos Teilhabe an der italienischen Zeitschrift Valori Plastici. Durch die Beschreibung der unternehmerischen Strukturen der Valori Plastici, der relativen Position de Chiricos und die Einbeziehung der zeitgenössischen Rezeption konnte die in der Forschung tradierte Vorstellung, der Künstler habe der vermeintlichen Künstlergruppe im Klima des "Ritorno all'ordine" vorgestanden, revidiert werden. Im Rahmen des Projekts wurde in Kooperation mit der Staatsgalerie Stuttgart die als Sammelband publizierte Tagung "Wiederholungstäter - die Selbstwiederholung als künstlerische Praxis in der Moderne" durchgeführt, die die Diskussion um Zitat, Kopie und Authentizität spezifizieren und erstmals einen grundlegenden Forschungsbeitrag zur künstlerischen Selbstwiederholung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts leisten konnte. Die Analysen zu den vielfältigen Spielarten des künstlerischen Umgangs mit dem eigenen Werk eröffneten neue Perspektiven auf die dem Wiederholen inhärenten Konzepte künstlerischer Kreativität und beleuchteten erstmals das ästhetische und schöpferische Potential dieser bereits in der klassischen Moderne bewusst eingesetzten Praxis, die erst in der postmodernen Debatte rehabilitiert wurde. Zentrales Ergebnis in Bezug auf das Schaffen de Chiricos war, dass die Wiederholung als selbstreferentielles künstlerisches Verfahren sowohl seinem malerischen als auch seinem schriftlichen Werk zugrunde liegt und die Konstruktionsprinzipien von de Chiricos Selbstinszenierung sich gleichermaßen in Text und Bild offenbaren. Es konnte aufgezeigt werden, dass diese für de Chiricos Schaffen spezifische konstruktive Praxis sich nicht nur durch die Verflechtung von kunsttheoretischem Programm und autobiografischen Elementen auszeichnet, sondern auch durch eine dualistische Argumentationsstruktur geprägt ist: Die Einverleibung von Polaritäten im Umgang mit den künstlerischen Paradigmen zwischen Modernität und programmatischem Antimodernismus ist ein zentrales konstitutives Merkmal der künstlerischen Identitätskonstruktion Giorgio de Chiricos.

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