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Präzisionsbestimmung der isomeren Grundzustands-Übergangsenergie in 229mTh: Fortschritt auf dem Weg zu einer Kernuhr

Fachliche Zuordnung Kern- und Elementarteilchenphysik, Quantenmechanik, Relativitätstheorie, Felder
Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Förderung Förderung von 2013 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 235069165
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Hauptziel des Fördervorhabens war die erstmalige direkte Messung des Grundzustandszerfalls des ‚Thorium-Isomers‘ 229mTh als dem tiefstliegenden Kernanregungszustand mit dem Ziel einer verbesserten Genauigkeit der der zuvor nur indirekt bestimmten Übergangsenergie. Eine genauere Kenntnis der Übergangsenergie ist die zentrale Voraussetzung für die Entwicklung eines daran angepassten VUV-Lasers und damit der Einstieg in die Nutzung der zahlreichen vorgeschlagenen Anwendungen von 229mTh. Allen voran die Entwicklung eines höchstpräzisen nuklearen Frequenzstandards, einer Kernuhr. Trotz dieser sehr ambitionierten Aufgabenstellung kann am Ende des Vorhabens festgestellt werden, dass die selbstgestellten Ziele in vollem Umfang erreicht wurden und durch die Synergie mit einem parallel am gleichen Aufbau laufenden EU-geförderten FET-OPEN Projekt sogar weit übertroffen werden konnten. Dabei konnte die Expertise der LMU-Gruppe auf dem Gebiet des Th-Isomerzerfalls über innere Konversion (IC) und der bestehende Puffergas-Stoppzellenaufbau mit nachfolgender Extraktion und Massenselektion effizient und zielführend eingesetzt werden. Mit diesem Aufbau war unserer Gruppe bereits im Vorläuferprojekt nach mehr als 40-jähriger weltweiter Suche der erstmalige Nachweis des Zerfalls des Thorium-Isomers gelungen, auf dieser Expertise und dem zugehörigen technischen Know-how basierte das hier beschriebene Fortsetzungsvorhaben. Konkret wurden darin folgende Meilensteine der Charakterisierung des Thorium-Isomers erreicht: Die Lebensdauer des neutralen 229mTh-Isomers wurde erstmalig zu ca. 10 µs bestimmt, damit wurden theoretische Vorhersagen der Größe des Konversionskoeffizienten (α~10^9) bestätigt. - In Zusammenarbeit mit einer Gruppe der PTB (Braunschweig) gelang mittels kollinearer Laserspektroskopie die erstmalige Auflösung der Hyperfeinstruktur des Thorium-Isomers und damit die Bestimmung des magnetischen Dipol- und elektrischen Quadrupol-Moments sowie der Differenz des mittleren quadratischen Ladungsradius von Isomer und Grundzustand. - Das Hauptziel des Vorhabens wurde mit dem erstmaligen direkten Nachweis des 229mTh Grundzustandszerfalls via Innere Konversion bei 3-fach verbesserter Genauigkeit der Bestimmung der Übergangsenergie (8.28(17) eV) eindrucksvoll erreicht. - Ein Konzept zur laserspektroskopischen Anregung des Thorium-Isomers mit bestehender Lasertechnologie unter Verwendung des IC-Zerfalls zur Sensitivitätssteigerung wurde als Schritt auf dem Weg zur Realisierung einer Kernuhr vorgeschlagen. Damit wurden alle Vorarbeiten geleistet, mit denen die Auswahl der für die erstmalige Realisierung einer Kernuhr nötigen Lasertechnologie getroffen werden kann. Die Projektergebnisse und ihre perspektivischen Anwendungen wurden in 15 referierten Publikationen veröffentlicht, darunter auch eingeladene Übersichtsartikel. Zum Thema des Projekts wurden zwischen 2017 und 2020 von den Projektmitarbeitern mehr als 50 eingeladene Vorträge und Kolloquium auf nationaler und internationaler Ebene gehalten, die mediale Aufmerksamkeit reichte bis zu einem Beitrag in der 20 Uhr-Tagesschau. Dr. Seiferle erhielt den Dissertationspreis 2020 der LMU München sowie den Gustav-Hertz-Preis 2021 der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Dr. von der Wense erhielt den Dissertationspreis 2017 der LMU, den Dissertationspreis der DPG 2018, den Röntgenpreis 2018 und den Theodor-Hänsch-Preis der LMU 2019. Auf der Basis des maßgeblich von der LMU-Gruppe vorangetriebenen Fortschritts zur Charakterisierung des Thorium-Isomers wurde daraufhin zusammen mit 2 experimentellen Partnergruppen und einer US-amerikanischen Theoriegruppe bei der EU ein ERC-Synergy-Grant Antrag mit der maximal möglichen Fördersumme bewilligt. Somit ist die Fortsetzung der Forschung mit dem klaren Ziel der Realisierung der weltweit ersten Kernuhr nun möglich, wozu das DFG-Fördervorhaben einen entscheidenden Beitrag geleistet hat.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • A Laser Excitation Scheme for 229mTh, Phys. Rev. Lett. 119, 132503 (2017)
    L. v.d. Wense, A. Palffy, B. Seiferle, S. Stellmer, J. Weitenberg, P.G. Thirolf
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.119.132503)
  • Lifetime measurement of the 229Th nuclear isomer, Phys. Rev. Lett. 118, 042501 (2017)
    B. Seiferle, L. v.d. Wense, P.G. Thirolf
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.118.042501)
  • Laser spectroscopic characterization of the nuclear clock isomer 229mTh, Nature 556, 321-325 (2018)
    J. Thielking, M.V. Okhapkin, P. Glowacki, D.M. Meier, L. v.d. Wense, B. Seiferle, C.E. Düllmann, P.G. Thirolf, E. Peik
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41586-018-0011-8)
  • Energy of the 229Th nuclear clock transition, Nature 573, 243 (2019)
    B. Seiferle, L. v.d. Wense, P.V. Bilous, I. Amersdorffer, C. Lemell, F. Libisch, S. Stellmer, T. Schumm, C.E. Düllmann, A. Palffy, P.G. Thirolf
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41586-019-1533-4)
  • Improving our knowledge on the 229mTh isomer: towards a test bench for time variations of fundamental constants, Annalen der Physik 531, 1800391 (2019)
    P.G. Thirolf, B. Seiferle, L. v.d. Wense
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/andp.201800381)
 
 

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