The Language of Recgonition: Empirical Reconstructions of Addressing Processes in High School Lessons from the Perspective of Subjection Theory
General Education and History of Education
Final Report Abstract
Das Projekt „Die Sprachlichkeit der Anerkennung. Empirische Rekonstruktionen von Adressierungsprozessen im Sekundarschulunterricht in subjektivationstheoretischer Perspektive“ (a:spect) fragt nach der Bedeutung von Anerkennung in unterrichtlichen Praktiken und sucht diese empirisch zu rekonstruieren. Auf der Basis von ethnographischer Beobachtungen und Videographien des Gymnasialunterrichts in einer 5., 9. und 11. Klasse in den Fächern Mathematik, Deutsch und Geschichte konnten im Forschungsprojekt ein neues theoretisches Verständnis von Anerkennung (1.), ein neues Konzept der (sprachfokussierten) Interaktionsanalyse als Adressierungsanalyse (2.) sowie Erkenntnisse hinsichtlich der subjektivierenden Funktion der schulischen Praktiken Begrüßen, Prüfen und Tadeln (3.) entwickelt werden: Erstens wird auf (gegenstands-)theoretischer Ebene vorgeschlagen, Anerkennung erziehungswissenschaftlich als »Umgehen mit und Eingehen auf Selbstverhältnishaftigkeit« zu verstehen. In Abgrenzung zu Anerkennungsverständnissen einer »wertschätzenden Bestätigung« (Honneth) wird in diesem Anerkennungsverständnis nicht nur die grundsätzlich responsiv angelegte Form des ›Anerkennens‹ (als Umgehen mit und Eingehen auf) betont, sondern auch die performative, also auch subjektivierende Kraft (oder Macht) von Anerkennung als strukturelles Moment von Interaktionen akzentuiert. Kern dieses Anerkennungsbegriffs ist ein v. a. sprachlich situiertes Adressierungsverständnis, das es erlaubt, die Frage, als wer man von anderen adressiert und zu wem man darin gemacht wird bzw. in der Re-Adressierung sich selbst macht, auch empirisch zu bearbeiten. Zweitens wird auf methodischer bzw. methodologischer Ebene für die Analyse von (pädagogischen) Interaktionen mit dem Konzept der »Adressierungsanalyse« (Rose/Ricken) ein innovativer und empirisch erprobter Vorschlag zur Erforschung von Adressierungs- und Re-Adressierungsprozessen – als Vollzug subjektivierender Anerkennungsprozesse – in pädagogischen Settings gemacht. Mithilfe einer differenzierten Heuristik, die die Dimensionen der ›Organisation‹ des Gesprächs, der jeweilig implizierten ›Norm- und Wissensstrukturen‹, der ›Machtverhältnisse‹ sowie der ›Selbstverhältnisse‹ fragend erschließen, ist eine Art Manual entwickelt worden, das auch von anderen ForscherInnen verwendet werden kann. Drittens wird auf empirischer Ebene in der Analyse von Praktiken des ›Begrüßens‹, des ›Prüfens‹ und des ›Tadelns‹ der Vollzug von Adressierungen und Re-Adressierungen rekonstruiert und als ein Subjektivierungsgeschehen interpretiert, das sich gerade nicht linear, sondern relational – und insofern nicht ungebrochen – vollzieht. Dabei springt im Blick auf die Logik und soziale Funktion der untersuchten Praktiken ins Auge, dass Praktiken gewissermaßen als doppelte Referenz im Unterricht anwesend sind, einerseits als (miteinander konstruiertes) Ideal, an dem sich die Interaktionsbeteiligten implizit praktisch orientieren und auf das sie sich wechselseitig verweisen, von dem aber andererseits konkret und situativ immer auch – notwendig – in der praktischen Realisierung abgewichen wird. Entsprechend zeigt sich im Blick auf den Vollzugscharakter der Praktiken selbst nicht nur, dass und wie diese sich erst allmählich – im gemeinsamen und aufeinander abgestimmten Tun der AkteurInnen – als solche verfertigen und verfestigen, sondern es zeigt sich auch die massive Angewiesenheit der beteiligten AkteurInnen aufeinander, sei es, weil nur die Ratifizierung eines Tadels diesen legitimieren und gelingen lässt oder sei es, weil ohne (als gelungen ratifizierte) Gegenbegrüßung die Begrüßung ihre soziale Funktion eines ›social tunings‹, einer sozialen Ab- und Einstimmung aufeinander, verfehlen würde.
Publications
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Die Sprachlichkeit der Anerkennung. Eine theoretische und methodologische Perspektive auf die Erforschung von 'Anerkennung'. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik, Vol. 93. 2017, H. 2, s. 193-235.
Ricken, Norbert, Rose, Nadine, Kuhlmann, Nele, Otzen, Anne
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Interaktionsanalyse als Adressierungsanalyse – eine Perspektive der Subjektivationsforschung. In: Martin Heinrich und Andreas Wernet (Hg.): Rekonstruktive Bildungsforschung - Zugänge und Methoden. Wiesbaden: Springer VS, 2017, pp 159-175.
Rose, Nadine, Ricken, Norbert
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Prüfungen – Systematische Perspektiven der Geschichte einer pädagogischen Praxis. Zeitschrift für Pädagogik, Jg. 63. 2017, Heft 3 Mai/Juni, S. 247-258.
Ricken, Norbert / Reh, Sabine
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Pädagogische Professionalität und das Problem der Anerkennung. Eine kritische Relektüre. In: Sonderpädagogische Förderung heute 62 / 1. Beiheft: Pädagogische Professionalität im Spannungsfeld von sonderpädagogischer Förderung und inklusiver Bildung, hg. von Christian Lindmeier und Hans Weiß, S. 32–50
Ricken, Norbert
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Judith Butler. In: Paul Smeyers (Hg.): Handbook Philosophy of Education, Section I: Voices from the Present and the Past. Springer: Dordrecht, 2018, pp. 59-79.
Rose, Nadine, Ricken, Norbert
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»Schön’ guten Morgen!«. Überlegungen zu den subjektivierenden Effekten von Begrüßungsformen im Schulunterricht. In: Edith Glaser, Werner Thole und Hans-Christoph Koller (Hg.): Räume für Bildung – Räume der Bildung. Beiträge des DGfE Kongresses 2016. Opladen u.a.: Budrich 2018, pp. 78-87.
Rose, Nadine, Ricken, Norbert
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Erziehungswissenschaftliche Subjektivierungsforschung als Adressierungsanalyse. In: Geimer, Alexander/Amling, Steffen/Bosančić, Saša (Hrsg.): Subjekt und Subjektivierung -
Empirische und theoretische Perspektiven auf Subjektivierungsprozesse. Wiesbaden: Springer, 2019, S. 65–85.
Rose, Nadine