Study of vapour- liquid equilibria of wide boiling fluorocarbon mixtures at low temperatures And Development of mixed refrigerant cascade refrigerators
Final Report Abstract
Die Anzahl möglicher Einsatzgebiete von Tieftemperaturkleinkühlern, also Kühlern mit einer geringen Kälteleistung, welche bis zu tiefen Temperaturen (etwa 100 K) bereitgestellt wird, hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Sie liegen in der Elektro-, Medizin-, Bio- sowie Energietechnik und sind Gegenstand der aktuellen wissenschaftlichen Forschung (z.B. Beiträge auf ICR Prag 2011, DKV Jahrestagung Aachen 2011, Cryogenics Dresden 2012). In der Medizin lassen sich erst durch die relativ einfache Verfügbarkeit von sehr tiefen Temperaturen spezielle Operationen durchführen (minimal-invasive Kryo-Chirurgie) oder biologisches Material konservieren (z.B. Blutproben, Zellmaterial). Dezentral anfallendes Erd- oder Biogas kann mittels Tieftemperaturkleinkühlern verflüssigt und so gelagert und damit zu einem späteren Zeitpunkt bedarfsgesteuert eingesetzt werden. Als Tieftemperaturkleinkühler eignen sich bevorzugt insbesondere Kältemittelgemisch-Kreisläufe (Mixed Refrigerant Cycles - MRC) für eine Vielzahl der o.g. Anwendungsfelder. Durch das Fehlen von bewegten Teilen am Kaltteil ist sowohl Wartungsarmut wie auch weitestgehende Vibrationsfreiheit gegeben. Letztere ist besonders für elektrotechnische Anwendungen, z.B. der Detektion schwacher Signale, wichtig. Durch Ausnutzung des Phasenwechsels bei weitsiedenden Mehrkomponentengemischen über einen weiten Temperaturbereich können die Irreversibilitäten im Gegenstromwärmeübertrager sehr klein gehalten werden. Die Prozessdrücke liegen im Bereich bis zu 20 bar und erlauben den Einsatz handelsüblicher Komponenten (z.B. hermetischer Kompressoren). Daher sind die Herstellungskosten für Tieftemperaturkleinkühler entsprechend gering. In großtechnischem Maßstab werden MRC seit nunmehr fast 60 Jahren zur Erdgasverflüssigung eingesetzt. Der Schlüssel zu einem effizienten Betrieb eines MRC-Kreislaufs ist die Kenntnis der optimalen Zusammensetzung und des Phasenverhaltens des eingesetzten Kältemittelgemischs. Anforderungen seitens des Prozessbetreibers (z.B. Nicht-Brennbarkeit) engen die Auswahl der bisher genutzten Arbeitsstoffe (z.B. in der Erdgasverflüssigung Stickstoff und Kohlenwasserstoffe) ein und bedingen die Untersuchung anderer, neuer Kältemittel hinsichtlich ihrer Eignung. Dabei handelt es sich bei der Forderung nach nicht brennbaren Arbeitsstoffe derzeit als einzige Alternative um voll- und teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW bzw. HFKW) wie z.B. R14, R23, R116, R125 und R134a sowie als Tiefsieder um Argon, Stickstoff und gegebenenfalls Neon. Für einen effizienten Betrieb eines MRC ist die genaue Kenntnis des Phasenverhaltens der jeweils einzusetzenden Gemische im interessierenden Temperaturbereich (hier: 77K bis etwa Umgebungstemperatur) erforderlich. Allgemein werden heute für die Berechnungen von Stoffdaten bei der Auslegung von Prozessen Modelle wie z.B. thermische Zustandsgleichungen eingesetzt. Für eine speziell in der Tieftemperaturtechnik erforderliche genaue Auslegung ist es bis heute unverzichtbar, die Modelle an experimentell bestimmte Gemischdaten (meist für binäre Gemische) anzupassen. Die Berechnungsmodelle beinhalten daher neben Reinstoffparametern jeweils auch die binäre Gemischinformation, z.B. in Form von Wechselwirkungsparametern in Mischungsregeln. Dabei ist zu beachten, dass zur Berechnung der Eigenschaften eines Mehrkomponentengemischs Informationen zu allen binären Randgemischen verfügbar sein müssen, welche dann - z.B. über Mischungsregeln - gekoppelt werden. Dies bedingt die Kenntnis experimenteller Phasengleichgewichtsdaten für alte binäre Randgemische der beteiligten Komponenten. Für einen Großteil der oben genannten potentiellen Arbeitsstoffe für nichtbrennbare Gemische sind diese in der veröffentlichten Literatur bisher praktisch nicht verfügbar. Folglich mussten die notwendigen Zusammensetzungen bisher empirisch ermittelt werden. Während der Laufzeit dieses Projektes wurde vom indischen Kooperationspartner (Prof. G. Venkatarathnam, IIT Madras) ein Verfahren entwickelt, welches es ermöglicht, das Enthalpie-Temperatur (h-T-) Verhalten des Arbeitsstoffgemisches anhand des Abkühlverhaltens eines Kältekreislaufes abzuleiten. Damit konnten einige qualitative Erfolge in Richtung der Optimierung von Gemischzusammensetzungen erzielt werden. Für quantitative Aussagen sind allerdings nach wie vor experimentell ermittelte Phasengleichgewichtsdaten unverzichtbar. Nach einer Literatur-Recherche, in der der aktuelle Stand aller in der offenen Literatur verfügbaren Tieftemperatur-Phasengleichgewichtsdaten der interessierenden Komponentenkombinationen zusammengetragen wurde, wurden im Rahmen des Vorhabens für insgesamt 20 binäre Mischungen aus den oben genannten FKW, HFKW, Argon und Stickstoff Tieftemperatur-Phasengleichgewichtsdaten ermittelt. Einige dieser Gemische zeigen ein teilweise sehr stark reales Verhalten. Dazu zählen vor allem Flüssig-Flüssig-Entmischungen, die bei tiefen Temperaturen auftreten und bei einigen der untersuchten Systeme visuell dokumentiert werden konnten. Diese Entmischungen können für den Betrieb von MRC gezielt genutzt werden, so zum Beispiel für die (Rück-) Verflüssigung von Gasen, bei denen die Verdampfungsenthaipie bei der Kondensationstemperatur abgeführt werden muss. Bei den binären Mischungen der teil- und vollfluorierten Ethane R116, R12S und R134a mit Argon und Stickstoff kam es während der Probennahme zur Erstarrung der Flüssigkeit unterhalb der Tripelpunktstemperatur der Ethane, obwohl die Bulkphase noch komplett flüssig war. Eine Abschätzung der Gefrierpunktsabsenkung der binären Mischung gegenüber dem jeweiligen Reinstoff wurde vorgenommen und mit eigenen experimentellen Ergebnissen verglichen. Je nach geforderter Kühltemperatur (Bsp. Bio-Freezer bei 170K) ist der Einsatz der fluorierten Ethane unterhalb ihrer Tripelpunktstemperatur möglich. So liegt bspw. Ar-R116 bei 139 K bis mindestens XRII6=0,7 flüssig vor. Die im Vorhaben ermittelten Gemischdaten erlauben es, geeignete Berechnungsmethoden an das reale Gemischverhalten anzupassen. Damit ist erstmals eine genaue, gezielte Auslegung potentieller Gemischzusammensetzungen für die Tieftemperaturanwendungen von MRC, bei denen nichtbrennbare Arbeitsstoffe gefordert werden, möglich. Dies gestattet, Kleinkühler mit hohen Gütegraden zu entwickeln.