Stimmen der Stadt - Sprachliche und kommunikative Vielfalt in face to face-Interaktion russischsprachiger Sprecherinnen in Sankt Petersburg und deutschen Städten
Final Report Abstract
Im Zentrum der Arbeit des Netzwerks stand zu Beginn der Zusammenhang zwischen sprachlichen, pragmatischen und parasprachlichen Mitteln und verschiedenen funktionalen und sozialen Bedeutungsdimensionen in Gesprächen russischer InteraktionspartnerInnen. Die gemeinsame Arbeitsgrundlage bildete im Laufe der Arbeit im Wesentlichen ein Auswahlkorpus bestehend aus den Redetagen von vier InformantInnen aus ORD, das noch von Gesprächsaufnahmen russischer SprecherInnen mit unterschiedlichen Migrationsbiographien aus dem Berliner Raum ergänzt wurde. Angelegt auf methodische Triangulation, kristallisierte sich im Laufe der Netzwerk-Arbeit eine allmähliche Verlagerung hin zu gesprächsanalytischen und interaktional-linguistischen Fragestellungen und Herangehensweisen heraus, wobei hervorzuheben ist, dass mit dem ORD-Korpus erstmals eine umfangreiche Datengrundlage (inkl. Audiodaten) bereitsteht, um den Zusammenhang von Sprache und Interaktion anhand russischer Rede-in-Interaktion zu untersuchen. Die Ergebnisse des Netzwerks, die einer breiten Öffentlichkeit in Form eines Sammelbands (Richter/Thielemann (eds.)) zugänglich gemacht werden, verdeutlichen, wie sich Variation entlang verschiedener soziolinguistischer Dimensionen auf die Bearbeitung von Interaktionsaufgaben und den Einsatz multimodaler Ressourcen auswirkt. Schwerpunkte bilden dabei die Analyse spezifischer Handlungsformate (z.B. Aufforderungshandlungen) sowie der sequentiellen Organisation (Reparaturen und Sprecherwechsel und in diesem Zusammenhang jeweils die Markierung von Zäsuren bzw. Einheiten), deren Realisierung jeweils kontextsensitiv untersucht wird. Bemerkenswert ist dabei, dass mehrheitlich eine holistische und dezidiert multimodale Perspektive eingenommen wird, die das Zusammenspiel verschiedenster Ressourcen (grammatische Formen, lexikalische Mittel, prosodische Verfahren, parasprachliche Phänomene) bei der Realisierung von Interaktionsaufgaben aber auch bei der Signalisierung von sozialer und kommunikativer Bedeutung berücksichtigt. Aus soziolinguistischer Perspektive haben sich insbesondere die Konzepte des positioning und des audience design bewährt, wobei auch höflichkeitslinguistische Modelle einen wichtigen weiteren Bezugspunkt bildeten. Methodisch haben sich die Konversationsanalyse, die Interaktionale Linguistik aber auch die Konstruktionsgrammatik als vielversprechend erwiesen, da sie einerseits ermöglichen, gesprochensprachliche Strukturen aus ihrer Angepasstheit an Rede-in-Interaktion und mit Blick auf ihre spezifische Funktionalität zu beschreiben. Andererseits aber auch zulassen, die spezifische Realisierung mit sozialer Bedeutung zu verbinden und somit eine Schnittstelle zwischen Gesprochener-Sprache-Forschung und Soziolinguistik bilden.