Bedeutung viraler Proteine für die Neuroinvasion durch Herpesviren
Final Report Abstract
Der Modus sowie die molekularen Grundlagen der Neuroinvasion von Herpesviren sind bisher weitgehend unverstanden. Im ersten Förderungszeitraum wurde zur Analyse von Mutanten des Alphaherpesvirus Pseudorabies Virus (PrV) ein Maus-Modell der Neuroinvasion nach intranasaler Infektion etabliert. Dieses Modell liefert hoch standardisierte Überlebenszeiten und Invasionskinetiken. In diesem Modell wurde eine Vielzahl von PrV-Mutanten in Proteinen der viralen Hülle, des Teguments sowie viraler Enzyme untersucht. Erstmals konnte so z.B. die Bedeutung einer Deubiquitinierungsaktivität im großen, konservierten Tegumentprotein pUL36 für die Neuroinvasion dokumentiert werden. Ein weiterer interessanter Befund war der Nachweis von erheblich verlängerten Überlebenszeiten bei gleichzeitiger umfangreicher neuronaler Ausbreitung bei gleichzeitiger Abwesenheit des Tegumentproteins pUL21 und der Proteinkinase pUS3. Dieser Phänotyp korreliert mit einer starken Beeinträchtigung des intraaxonalen anterograden, aber nicht des retrograden Transports. Auch die Bedeutung des für die Virusmorphogenese wichtigen Komplexes aus pUL3.5 und pUL48 für die Neuroinvasion sowie eine Beeinträchtigung von in vitro Replikation und Neuroinvasion nach Fusion des autofluoreszierenden eGFP mit dem nichtessentiellen Kapsidprotein pUL35, eine bisher weit verbreitete Methode der Schaffung autofluoreszierender Kapside, konnte gezeigt werden. Zu Beginn des Forschungsprojekts wurden bezüglich der intraaxonal in Neuronen transportierten herpesviralen Komponenten zwei Modelle diskutiert: das sogenannte ‚married model’ ging vom Transport kompletter, umhüllter Virionen in zellulären Transportvesikeln analog des Transports von Neurotransmittern aus. Das ‚separate Model’ basiert auf Evidenzen zum getrennten Transport von viralen Nukleokapsiden und viruskodierten Hüllproteinen mit einem Zusammenbau kompletter Virionen erst nach Ende des Transports. Unsere ultrastrukturellen, hochauflösenden Studien von primären Ratten-Neuronen, die in Zellkultur infiziert wurden, ergaben eindeutige Beweise für den Transport des neuroinvasiven PrV mittels das ‚married models’. Zu späten Zeitpunkten nach der Infektion wurden eine Vielzahl von umhüllten Viruspartikeln in zellulären Vesikeln detektiert, die sich durch die klar erkennbare isometrische Symmetrie der elektronendichten Nukleokapside eindeutig von Neurovesikeln differenzieren ließen. Mehr als 90% der intraaxonal und im Wachstumskegel nachgewiesenen Viruspartikel lagen in dieser Form vor. Die Freisetzung erfolgte durch Exozytose. Auch die drei untersuchten Stämme des humanpathogenen neuroinvasiven Herpes simplex Virus 1 (HSV-1) lagen überwiegend in dieser Form, jedoch nur zu etwa 70%, vor, während 30% nackte isometrische Kapside gefunden wurden. Dies deutet darauf hin, dass beide untersuchten Viren hauptsächlich einen Vesikel-vermittelten anterograden Transport kompletter Virionen realisieren. Im Gegensatz dazu war bei einem vierten HSV-1 Stamm, KOS, eine Umkehr des Verhältnisses von intravesikulären umhüllten Virionen zu nackten Nukleokapsiden zu beobachten (30% : 70%). Die molekulare Untersuchung mehrerer unabhängiger Sublinien dieses Stammes zeigte das Vorliegen von jeweils identischen Mutationen, die die Expression des für den intraaxonalen anterograden Transport wichtigen viralen Proteins pUS9 beeinträchtigten. Daraus kann geschlossen werden, dass der bevorzugte Transport sowohl von PrV als auch von HSV-1 in Gestalt von kompletten Virionen mittels zellulärer Membranvesikel erfolgt, wobei ein Transport von viralen Subkomponenten mit späterer Virusmorphogenese insbesondere bei Störungen des Vesikeltransports nicht ausgeschlossen ist.
Publications
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