Detailseite
Projekt Druckansicht

Evidenz und visuelle Beweiskraft in der medizinischen Diagnostik im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert am Beispiel der Krankheiten des Harntraktes

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2012 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 227086191
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ausgehend von der Begründungsnotwendigkeit medizinischer Handlungen wandte sich das Projekt am Beispiel der Diagnostik von Krankheiten des Harntrakts der Frage der Evidenz technisch erzeugter Bilder zu. Im Zentrum standen die Entwicklung und Etablierung neuartiger Visualisierungstechniken und die Evidenzen der durch sie produzierten medizinischen Abbildungen. Als Quellenmaterial dienten Handbücher und Atlanten, die im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert als Referenzwerke für diagnostische Verfahren und Techniken eingesetzt wurden. Neben einer Klärung dessen, was die Zeitgenossen unter Evidenz verstanden, wurden die Strategien der Produktion von Bild-Evidenzen analysiert. Eckpunkte der Analyse waren die Berufung der Zeitgenossen auf Naturtreue ihrer Abbildungen, deren Objektivität und deren Beweiskraft. Um zu überzeugen wurden die neuen Bilder in das Denkkollektiv eingeführt, mittels Handbüchern und Atlanten wurde der „geschulte Blick“ eingeübt, um zum Sehstil im Sinne Ludwik Flecks zu werden. Im Untersuchungszeitraum wurden zahllose Visualisierungsstrategien im Bereich der medizinischen Diagnostik entwickelt. Die Bilder wurden alle mittels technischer Verfahren generiert. Die Bandbreite reichte vom Zeichner am Mikroskop über Diagramme auf Basis von Messwerten und die Konstruktion von Endoskopen zur Erzeugung invasiver Bilder aus dem Körperinneren bis hin zur physikalisch-chemischen Produktion von Radiogrammen. Evidenzbegründungen boten die Technik selbst, die Autorität der Erzeuger, die Ästhetik der Abbildungen sowie Verweise auf Bildtraditionen. Insgesamt erscheinen die Evidenzen als überaus vielfältig und kontextabhängig, daher sollten wir auch besser, so unser Fazit, von Evidenzen der Bilder sprechen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012): "Durchsichtbarkeitsregime: Zur Semiotik radiographischer Bilder in der urologischen Diagnostik", Der Urologe 51: 1450–1458
    Martin M, Fangerau H
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00120-012-2973-8)
  • (2012): Die Evidenz des endoskopischen Bildes. In: Fangerau H, Müller I (Hrsg.): "Faszinosum des Verborgenen. Der Harnstein und die (Re-)Präsentation des Unsichtbaren in der Urologie", Steiner, Stuttgart, S. 47-64
    Martin M
  • (2013): "Seeing Sounds? Styling Vision? The mechanical visualisation of acoustic phenomena in cardiac diagnostics around 1900", ICON: Journal of the International Committee for the History of Technology 18 (2012): 45–62
    Martin M, Fangerau H
  • (2014): "Blutdruck messen: Die 'Technikalisierung' der Kreislaufdiagnostik". In Technomuseum (Hrsg): "Herzblut. Geschichte und Zukunft der Medizintechnik", Theiss/WBG, Darmstadt, S. 74-93
    Fangerau H, Martin M
  • (2015): "Medizinische Diagnostik und das Problem der Darstellung: Methoden der Evidenzerzeugung", Angewandte Philosophie. Eine internationale Zeitschrift 1/2015, Themenheft Medizinische Erkenntnistheorie hrsg. von L. Jansen und J. Hardy: 38-68
    Fangerau H, Martin M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.14220/9783737005050.38)
  • (2019): Images and Self-Evidence; in Görgen A, Nunez GA, Fangerau H (eds): Handbook of Popular Culture and Biomedicine Knowledge in the Life Sciences as Cultural Artefact. Cham, Springer Intl, pp 95-113
    Martin M, Fangerau H
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-319-90677-5_9)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung