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Empire's Law? The Rule of Law in British India, 1858-1950

Applicant Dr. Verena Steller
Subject Area Modern and Contemporary History
Term from 2012 to 2021
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 226454026
 
Final Report Year 2021

Final Report Abstract

Als Beitrag zu einer reflexiven Empire-Geschichte an der Schnittstelle zwischen Rechts- und Verfassungsgeschichte, Diskurs- und Ideengeschichte ist es Ziel der Studie, zu zeigen, wie sich das englische Recht und seine Argumentation durch die koloniale Erfahrung zwischen 1858 und 1950 veränderten und wie Verfassungswirklichkeit aus der gesellschaftlichen Praxis entstehen kann. Das Britische Empire hat wie andere Kolonialregime auch sein Recht bei der Kolonialexpansion mit sich geführt: Galt die Rule of law also auch in Indien? Wie verhielt sich englisches Recht in seiner Kombination aus Diskursprinzip und Rechtsform im Kontext der britischen Kolonialherrschaft in Indien? Aus dieser Perspektive hat das Habilitationsprojekt den Blick auf jene Konflikte gerichtet, die aus der Umsetzung einer stark lebensweltlich orientierten englischen Rechtsordnung in Indien resultierten und in zwei Räumen guter Gründe - dem Gerichtssaal und der Öffentlichkeit des Empire - verhandelt wurden. In Hochverratsprozessen (sog. State trials) als Skandalprozessen des Empire um politische Verbrechen gegen den Staat konfrontierten indische Barrister als Repräsentanten der epistemischen Gemeinschaft des Rechts die Rule of law zunehmend mit ihren inhärenten Paradoxa. Intensiv wurde in Prozessen um politische Freiheitsrechte gestritten. Die Sprache des Rechts schuf den Kolonialstaat indes nicht nur, sie diente auch dazu, diesen in Frage zu stellen, Forderungen nach politischer Partizipation und Alternativen zur Kolonialherrschaft zwischen Reform und Repression bis hin zu gewaltförmigem Widerstand oder zivilem Ungehorsam zu artikulieren. Freiheit und Sicherheit, Herrschaft, wechselseitige Loyalitäts- und Schutzpflichten, die Definition von Souveränität(en) und Interventionsmöglichkeiten des Kolonialregimes durch „jurisdictional politics“ (Lauren Benton) sowie Handlungsoptionen von Akteuren des Rechts sind so im Laufe der Studie immer wieder Gegenstand der Untersuchung geworden. Die Studie hat sich so für reisendes Recht als „travelling concept“ und seine Irritationen interessiert, d.h. vor allem für die durch den Transfer entstehenden Irritationen eigener Annahmen des Rechts. Sie hat so auf Veränderungen und Verschiebungen in Argumentationsmustern und Machtverhältnissen sowie Rück- und Wechselwirkungen zwischen Kolonie und Metropole geblickt: Handelte es sich bei der Rule of law in Indien um a) ein liberales Recht, das im kolonialen Kontext korrumpiert wurde, oder b) um ein Kolonialrecht, das unintendiert Handlungsmöglichkeiten eröffnete? Diese zentralen Leitfragen hat die Arbeit anhand von fünf Themen von Freiheits- und Abwehrrechten des Individuums gegen den Staat – Schutz vor willkürlicher Verhaftung, Sondergerichtsbarkeit, Meinungs(äußerungs)freiheit bzw. Pressefreiheit, Jury-Prozess, Versammlungsfreiheit und Ausnahmegesetzgebung - untersucht und auf die Fortdauer des Kolonialen in die postkoloniale Gründungsphase der jungen unabhängigen Republik Indien hin perspektiviert.

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