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Der funktionale Vergleich von Wahlsystemen unter besonderer Berücksichtigung von Mischwahlsystemen

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 226254591
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bei der Typologisierung von Wahlsystemen ist zwischen deren Repräsentationsprinzipien und ihren technischen Elementen zu trennen. Die technischen Elemente wiederum dürfen nicht einseitig auf Entscheidungsregeln abheben, sondern müssen weitere Faktoren wie Wahlkreisgrößen und Sperrklauseln mit einbeziehen, um den Charakter von Wahlsystemen erfassen zu können. Geht man darauf aufbauend der Frage nach, ob es Wahlsysteme gibt, die insofern das Beste beider Welten vereinen, als sie sowohl die Sitzverteilung proportional zur Verteilung der Wählerstimmen ge‐ währleisten als auch das Parteiensystem im Parlament hinreichend konzentrieren, so ist zunächst festzustellen, dass es einen gute Anteil von Fällen gibt, wo genau dies gelingt. Besonders vielversprechend sind hierbei Verhältniswahlsysteme mit moderat‐kleinen Wahlkreisen sowie kompensatorische Zweiebenen‐Systeme, aber auch Wahlsysteme mit Sperrklauseln. Wichtig ist aber auch, dass diese vielversprechenden Grundtypen keinesfalls einheitlich wirken, sondern im Gegenteil in sich sehr heterogen sind. Dass die deutsche personalisierte Verhältniswahl als Vorbild für zahlreiche Wahlsystemreformen in anderen Ländern herangezogen wurde, ist somit verständlich. Da die Reformer dort allerdings in zentralen Aspekten von dem Vorbild abwichen – etwa in Bezug auf die Wahlkreisgröße und die Sperrklausel –, unterscheidet sich die Performanz der „kopierten“ Wahlsysteme allerdings mitunter deutlich von der des Vorbilds. Insbesondere die Kombination der für sich genommen vielversprechenden Aspekte ‚kompensatorische Ebene‘ und ‚moderat‐kleine Wahlkreise‘ führt nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Zudem ist auf die Gefahr hinzuweisen, dass die personalisierte Verhältniswahl auch zweckentfremdet werden kann, was in weniger etablierten Demokratien auch empirisch zu beobachten ist. Unterzieht man das Vorbild Deutschland einer genaueren Untersuchung, verstärken sich die Zweifel an der positiven Bewertung des Wahlsystemtyps an sich. Die Effekte des Grundtyps der personalisierten Verhältniswahl im Vergleich zur reinen Verhältniswahl sind marginal, während die Sperrklausel das Wahlsystem prägt – sowohl mit Blick auf psychologische als auch auf mechanische Wahlsystemeffekte. Bei einer existierenden 5 %‐Sperrklausel unterscheiden sich reine und personalisierte Verhältniswahl nicht signifikant voneinander. Ferner ist wichtig zu erwähnen, dass zumindest die Fragmentierung des Parteiensystems auch in einem gewichtigen Ausmaß allgemeinen Trends unterliegt, auf die das Wahlsystem nur bedingt Einfluss nimmt. Abschließend ist für die Diskussion um eine Reform des Bundestagswahlrechts festzuhalten, dass das aktuelle Wahlsystem mit Blick auf die hier untersuchten Faktoren zu den weltweit besten gehört, wobei die Performanz maßgeblich mit der Sperrklausel zusammenhängt. Nimmt man beide Repräsentationsprinzipien ernst, so können Änderungen in Bezug auf Proportionalität und/oder Konzentration kaum zu einer Verbesserung führen, sehr wohl aber zu einer Verschlechterung des Wahlsystems.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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