Die Historizität von Medienstädten wird an fünf westeuropäischen Beispielen und in komparativer Perspektive von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart untersucht.
Final Report Abstract
Das Projekt „Medienstadt" untersucht die Geschichte von fünf europäischen Medienstädten (Venedig, Antwerpen, London, Frankfurt am Main und Berlin) seit 1500 und in ihren direkten Zusammenhängen, regionalen Umfeldern sowie transnationalen Beziehungen. Es wird aufgezeigt, wie dieser Stadttyp über überraschend lange Zeiträume bestand und besteht, welche inneren und äußeren kulturellen und wirtschaftlichen Kräfte für diese relative Stabilität verantwortlich waren und welche geistige Produktivität sich in diesem Rahmen entfaltete. Politische Krisen und großräumige Verschiebungen von Produktionen und Märkten führten jeweils zu Abbrüchen und Unterbrechungen, es ist aber bemerkenswert, dass der Stadtyp als solcher auch in der Gegenwart hoch signifikant besteht und die Behauptungen einer ,ortlosen' medialen Ökonomie obsolet macht. Dadurch, dass Medien auch im Globalisierungszeitalter auf nationale Publiken ausgerichtet sind (z.B. Fernsehen), behalten auch Medienstädte und größere Mediencluster in ihrer Mitte ihre Existenz. Es wird nicht nur den Beziehungsgefügen und sektoralen Aspekten der untersuchten Städte nachgegangen, sondern auch Interaktionen der Produzenten, seien es Buchdrucker im 16. Jahrhundert, seien es Filmproduzenten im 20. Jahrhundert. Ferner zeigt sich in dem Vorhaben, dass lokale Beziehungen, europäische Zusammenhänge und Verflechtungen trotz sich ausweitender Transiträume selbst noch im Zeitalter virtueller Medien und globaler Medienprodukte wie Fernsehserien große Bedeutung haben. Durch Übersetzungsarbeit „vor Ort" und die Eingebundenheit von Medien in jeweilige Kulturräume behält die Medienstadt ihren Stellenwert, auch wenn sie nun Shanghai heißt und nicht mehr Venedig. Die Notwendigkeit, großräumige Verschiebungen im 20. Jahrhundert der Medienproduktion vor dem Hintergrund dynamischer und aufgrund neuer Technologien und visueller Regimes durchschlagender wirtschaftlicher Konzentrationsprozesse zu berücksichtigen, erwies sich als die größte ,Überraschung' im von der DFG geförderten Forschungssemester und bei den seitdem geleisteten Nachbearbeitungen.