Förderung von Kompetenzen der mathematischen Modellierung
Final Report Abstract
Die Bedeutung von Mathematik und die Fähigkeit, Mathematik in Alltagssituationen flexibel zu nutzen, werden zunehmend hervorgehoben, und die Bedeutung des Verstehens der Rolle der Mathematik in der realen Welt wird deutlich betont: Modellierungskompetenzen rücken im Mathematikunterricht immer stärker in den Vordergrund. Allerdings stellt die Bearbeitung derartiger Modellierungsaufgaben hohe Anforderungen an die Lernenden, da Realsituationen in mathematische Notationen übersetzt werden müssen, und nach der Durchführung von mathematischen Berechnungen die Ergebnisse im Hinblick auf die eingangs beschriebene Realsituation zu interpretieren sind. Häufig wird beklagt, dass Schülerinnen und Schüler sehr große Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Modellierungsaufgaben haben. Genau dies ist aber eine essentielle Kompetenz, wenn Mathematik auch in außermathematischen Situationen flexibel angewendet werden soll. Ziel dieses Projekts war es, den Erwerb dieser entscheidenden Kompetenz zu fördern. Zunächst wurde untersucht, inwieweit es lernförderlich ist, zu Beginn des Lernprozesses auf reale Kontexte ganz zu verzichten beziehungsweise diese so einfach und knapp wie möglich zu gestalten. Die Ergebnisse zeigen, dass ein anfänglicher Verzicht auf reale Kontexte dem Erwerb von Übersetzungskompetenzen dienlich ist, und dass innermathematische Aufgaben und fokussierte Modellierungsaufgaben von den Lernenden als interessanter und auch als einfacher als detaillierte Modellierungsaufgaben wahrgenommen wurden. Ein weiteres Problemfeld im Zusammenhang mit Modellierungsaufgaben betrifft die Frage, inwieweit Lernende durch die Vielzahl an Anforderungen, die zeitgleich zu berücksichtigen sind - insbesondere Übersetzungsanforderungen und innermathematische Herausforderungen - überfordert werden. Eine experimentelle Studie hierzu zeigte, dass ein Herabsetzen der Anforderungen durch eine anfängliche Präsentation von Lösungsbeispielen den Erwerb von Übersetzungskompetenzen unterstützt und positive Auswirkungen auf affektive Variablen zeigt. Ein weiteres Experiment adressierte die Problematik, dass Übersetzungskompetenzen der Lernenden die Modellierungskompetenz erheblich beeinflusst. Hierzu wurde überprüft, inwiefern Auswahloptionen für Übersetzungs- und Interpretationsschritte den Erwerb von Modellierungskompetenzen förderte. Es wurde ein zweifaktorielles Design mit vier Versuchsgruppen realisiert: In den Bedingungen "mit Übersetzungshilfe" erhielten die Lernenden Auswahloptionen für den Übersetzungsschritt von der verbalen Beschreibung zur mathematischen Notation; in den Bedingungen "mit Interpretationshilfe" erhielten die Lernenden Auswahloptionen für den Interpretationsschritt vom mathematischen Resultat zu einer Interpretation mit Bezug zur realen Situation. Alle anderen Schritte waren jeweils ohne Unterstützung zu bearbeiten. In Bezug auf den Erwerb von Übersetzungskompetenzen zeigte sich eine Effektivität der Übersetzungshilfe zwar für einige Aufgaben, jedoch nicht durchgängig für alle. Der Erwerb von Interpretationskompetenzen wurde besonders effektiv - zumindest in den meisten Fällen - gefördert, wenn keine Interpretationshilfe präsentiert wurde. Was auf den ersten Blick unplausibel erscheint, kann jedoch erklärt werden, wenn man bedenkt, dass die Bereitstellung von Auswahlmöglichkeiten die Lernenden zu einer passiven und abwartenden Haltung „verführt“ und eigenes Engagement verringert haben kann. Zudem waren die Fehler in den Auswahloptionen nicht leicht erkennbar, was zu Irritationen und Unsicherheit geführt haben kann. In Bezug auf die subjektiven Statements der Lernenden erreichte die Gruppe, die ausschließlich Interpretationshilfen erhalten hatte, den positivsten Wert. Insgesamt kann dieses Projekt als sehr erfolgreich angesehen werden. Dennoch sind noch viele Fragen ungeklärt, die in weiteren Experimenten untersucht werden sollten; insbesondere ist zu untersuchen, wie der Umgang mit hochkomplexen Modellierungsaufgaben auf eine ganzheitliche Art und Weise adressiert werden kann, um eine bestmögliche Lernförderlichkeit zu erreichen.
Publications
- (2014). Learning to solve story problems – supporting transitions between reality and mathematics. European Journal of Psychology of Education, 29, 619–634
Große, C. S.
(See online at https://doi.org/10.1007/s10212-014-0217-6) - (2015). Fostering modeling competencies: Benefits of worked examples, problems to be solved, and fading procedures. European Journal of Science and Mathematics Education, 3, 364‐375
Große, C. S.