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Lautliche und prosodische Variation im Saterland: Saterfriesisch, Niederdeutsch und Hochdeutsch

Subject Area Individual Linguistics, Historical Linguistics
Term from 2012 to 2018
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 218060797
 
Final Report Year 2017

Final Report Abstract

Das Projekt hat in mehrfacher Hinsicht Neuland betreten. Zum einen liefert es erstmals systematische akustische Analysen der Vokalsysteme aller drei Ortsdialekte im Saterland. Zum anderen ist auch das von Saterfriesen gesprochene Niederdeutsch und Hochdeutsch erstmals Gegenstand akustisch-experimenteller Untersuchungen. Die Projektergebnisse sind ferner von weiterführendem Interesse in Bezug auf phonetische Parameter zur Aufrechterhaltung distinktiver Kategorien in überdurchschnittlich komplexen Vokalsystemen. Schließlich liefert das Projekt auch eine der ersten akustischen Untersuchungen der Vokale erwachsener trilingualer Sprecher, die Sprachen mit unterschiedlichem sozialen Status und kommunikativer Reichweite sprechen. Das Projekt liefert damit einen Beitrag sowohl zur Phonetik und Phonologie westgermanischer Sprachen als auch zur Dialektologie, Kontaktlinguistik und Mehrsprachigkeitsforschung. Als wichtigste Resultate können gelten: (1) Die Opposition zwischen gespannten Längen und Kürzen im Bereich der geschlossen Vokale ist bei den heutigen Sprechern des Saterfriesischen weitgehend zugunsten gespannter Längen aufgehoben. Nur bei einigen konservativen Sprechern ist sie noch nachweisbar, und insbesondere in Sprechsituationen, in denen die akustische Differenzierung unmittelbar kommunikativ relevant ist. Die Daten sprechen somit für einen typologischen Wandel hin zu einem Sprachtyp, bei dem in betonten Silben Gespanntheit mit Vokallänge korreliert. Dieser Wandel ist aber weder beim Saterfriesischen noch beim Niederdeutschen abgeschlossen, denn in beiden Sprachen sind neben den halbgeschlossenen Längen /eː/, /øː/, /oː/ und den halboffenen Kürzen /ɛ/, /œ/, /ɔ/ die halboffenen Längen /ɛː/, /œː/, /ɔː/ vorhanden. Auch im nördlichen Standarddeutschen ist /ɛː/ noch neben /eː/ und /ɛ/ erhalten, allerdings weitgehend beschränkt auf eine Leseaussprache. (2) Dialektale Unterschiede in den Ortsdialekten von Ramsloh, Strücklingen und Scharrel sind zumindest bei der Realisierung der Vokale in isolierten Einsilblern gering. Dabei erweist sich der Dialekt von Scharrel und nicht wie traditionell angenommen der von Ramsloh als der konservativste Dialekt. (3) Die Vokale gemeinsamer Vokalkategorien des Saterfriesischen, Niederdeutschen und Hochdeutschen werden von den trilingualen Sprechern in den drei Sprachen teils unterschiedlich realisiert. Vor allem die geschlossenen gespannten Vokale unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Dauer und spektraler Eigenschaften (Mittenfrequenzen von F1 und F2 sowie Formantdynamik). Dabei findet sich eine größere Distanz zwischen den Vokalen des lokalen Hochdeutschen einerseits und des Saterfriesischen und lokalen Niederdeutschen andererseits als zwischen dem Saterfriesischen und dem lokalen Niederdeutschen. Diese Ergebnisse lassen sich auf eine Asymmetrie im Multilingualismus der Saterfriesen zurückführen. Während das Saterfriesische und die lokale Varietät des Niederdeutschen weitgehend auf Sprechergemeinschaften im Saterland beschränkt sind, partizipieren die Saterfriesen mit dem Hochdeutschen an einer Sprechergemeinschaft, die außerhalb des Saterlandes als autonome teils monolinguale und teils bilingual hochdeutsch-niederdeutsche Sprechergemeinschaft besteht.

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