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Strategische Steuerung in Party-Government-Systemen

Antragsteller Professor Dr. Ralf Tils
Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 21604284
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsprojekts war es, die Strategiefrage in die politikwissenschaftliche Steuerungstheorie zu integrieren. Dieses Ziel konnte mit einem Doppelschritt von konzeptionell-theoretischer Arbeit und empirischer Umsetzung erreicht werden. Als zielführend für die Weiterentwicklung politischer Strategieanalyse erwies sich die Anlage des Forschungsvorhabens, an bestehende Forschungsstränge anzuschließen, aber auch konzeptionell-theoretisch und empirisch über sie hinaus zu gehen. Die konzeptionell-theoretische Bearbeitung des Projekts hat nach der Analyse von drei relevanten politikwissenschaftlichen Forschungssträngen (Steuerungstheorie, Strategieanalyse, Party-Government-Forschung) zu einer Konzeption strategischer Steuerung für den Kontext von Party-Government geführt, die von nun an für eine Vielzahl ähnlicher oder anders gelagerter Untersuchungen strategischer Steuerungsprozesse unter den spezifischen Rahmenbedingungen solcher politischen Systemzusammenhänge zur Verfügung steht und als analytischer ßezugsrahmen genutzt werden kann. Die empirisch-vergleichende Untersuchung der strategischen Regierungssteuerung unter Gerhard Schröder (1998-2005) und Tony Blair (1997-2005) hat demonstriert, wie das entwickelte analytische Instrumentarium einerseits für die analytische Rekonstruktion der Prozesse strategischer Regierungssteuerung einsetzbar ist, andererseits auch ein Set von Erklärungsfaktoren bereitstellt, die Wirkungszusammenhänge spezifischer Strategieprofile sichtbar macht. Ergebnis der konzeptionell-theoretischen Arbeit ist ein Bezugsrahmen strategischer Steuerung für Party- Government-Systeme, der vier Zentralbereiche strategischer Regierungssteuerung identifiziert: Steuerung der eigenen Organisation, die alle wesentliche Party-Government-Akteure umfasst (Regierung, Fraktion, Partei). Steuerung der Problempolitik, die sich um die Lösung gesellschaftlicher Probleme bemüht. Steuerung der Konkurrenzpolitik, die den Vorteil gegenüber den politischen Konkurrenten sucht. Und schließlich Steuerung einer öffentlich-medialen Kommunikation, die das Erreichen der Regierungsziele unterstützt. Diese vier Steuerungsbereiche sind von den Regierungsakteuren übergreifend und in ihrem inneren Zusarhmenhang zu bearbeiten, unter der Berücksichtung der relevanten Steuerungsparameter von Macht, Enwartungen und Leistungen sowie unter Einsatz von strategischem Leadership der Regierungschefs und des strategischen Zentrums. Die Ergebnisse der zwei empirischen Studien zeigen konträre Profile strategischer Regierungssteuerung. Eine fragmentierte strategische Steuerung der Regierung Schröder steht einer übersteuerten strategischen Steuerung der Blair-Regierung gegenüber. Sie kommen in ungekoppelter Organisationssteuerung, sprunghafter Problempolitik, Konkurrenzstärke sowie situativer Regierungskommunikation in Deutschland bzw. informeller und gedoppelter Organisationssteuerung, ambitionierter Problempolitik, Konkurrenzstäri^e sowie kontrollorientierter Kommunikationssteuerung in Großbritannien zum Ausdruck. In beiden Fällen übereinstimmend erwiesen sich die kollektive Strategiefähigkeit des Regierungsakteurs und der individuelle Strategiestil des Regierungschefs als die zentralen Einflussfaktoren für das strategische Steuerungsprofil der jeweiligen Gesamtformation. Insgesamt hat das Forschungsvorhaben dazu beigetragen, die Strategieanalyse innerhalb der Disziplin, aber auch in Einzelbereichen der politischen Praxis voranzutreiben. Wenn man für die Entwicklung einzelner Felder der Politikforschung die drei grundlegenden Phasen von Erkundung (explorative Phase), Entfaltung {formative Phase), Etablierung (konsolidierte Phase) unterscheidet, wird erkennbar, dass sich die politische Strategieanalyse noch in der explorativen Phase der Erkundung befindet, bei der Felderschließung, Definitions- und Typisierungsversuche, Entwicklung analytischer Bezugsrahmen und erste empirische Fallstudien im Mittelpunkt stehen. Inzwischen werden jedoch Konturen eines neuen Forschungsfelds sichtbar. Der nächste Schritt, vor dem die politikwissenschaftliche Strategieforschung steht, ist der Schritt in die formative Phase.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2007: Politische Strategie. Eine Grundlegung, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
    Tils, Ralf, Joachim Raschke
  • 2007: Strategie Steering and Political Power in Parliamentary Executives. A Comparative Empirical Study of British and German Gore Executives under Premier Minister Tony Blair (1997-2005) und Chancellor Gerhard Schröder (1998-2005). Paper presented at the 35th ECPR Joint Sessions of Workshops, Workshop 12: "Political Power in Parliamentary Executives", 07-12 May 2007, Helsinki
    Tils, Ralf
  • 2008: Akteure, Berater und Beobachter, öden wie kommt Strategie in die Politik? In: Zeitschrift für Politikberatung, Jg. 1, H. 2, 299-306
    Tils, Ralf, Joachim Raschke
  • 2008: Politische Strategie. In: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Jg. 21, H. 1, 11-24
    Tils, Ralf, Joachim Raschke
  • 2009: Political Strategy in Party Government. A Comparative Study of Strategie Governing Processes under Tony Blair und Gerhard Schröder. Paper presented at the 36th ECPR Joint Sessions of Workshops, Workshop 8: "Party Government and Parliamentary Democracy in the New Europe", 14-19 April 2009, Lisbon
    Tils, Ralf
 
 

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