Untersuchungen zum Verformungsverhalten einkristalliner B2-Seltenerd intermetallischer Verbindungen bei niedrigen Temperaturen
Physikalische Chemie von Festkörpern und Oberflächen, Materialcharakterisierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das für die Einkristallzüchtung zu verwendende Ausgangsmaterial wurde aus Y(99,99%), Ag(99,95+%) und Cu(99,999%) im angestrebten Mischungsverhältnis im Lichtbogen-Schmelzverfahren unter Argon-Atmosphäre erschmolzen. Zum Ausgleich des beim Züchtungsprozess auftretenden Y-Verlustes wurde durch Nachchargierung von Y67Cu33- bzw. Y72,5Ag27,5-Eutektika eine Y-reichere Schmelze (Y51,7Cu48,3 bzw. Y51,85Ag48,15 hergestellt (Angaben in at%)). Unter Verwendung von konischen Kristallzuchttiegeln aus SIGRADUR®G (glasartiger Kohlenstoff mit fullerenartiger Struktur) konnten erfolgreich YCu-Einkristalle von ca. 110 mm Länge mit einem Durchmesser zwischen 14 und 17 mm hergestellt werden. Vermutlich bedingt durch die ca. 225°C höhere Schmelztemperatur des YAg gegenüber dem YCu kam es bei der Züchtung der YAg-Kristalle zu einer Reaktion der Schmelze mit dem Tiegelmaterial, es bildete sich Yttriumkarbid auf der Kristalloberfläche. Der Kontakt des Karbids mit Wasser (beim elektroerosiven Sägen der Kristalle bzw. auch schon während der Lagerung an Luft) führte schlussendlich zum Zerstören der Kristalle durch Zerbersten und Zerbröseln. Ein zwischenzeitlicher Erfolg (durch Absenken der Züchtungstemperatur und zusätzliches Einsprühen der Innenseite des Tiegels mit Bornitrit) konnte bei weiteren Züchtungsversuchen nicht reproduziert werden. Erst die Verwendung eines Zuchttiegels aus Al2O3 lieferte zwei stabile YAg-Einkristalle, die elektroerosiv zu entsprechenden Proben für Verformungsexperimente verarbeitet werden konnten. Im Temperaturbereich zwischen RT und 4K wurde polykristallines YAg durch Spannungsrelaxationsversuche verformt. Dabei bleibt YAg bis zu einer Temperatur von 4K bis zum Bruch bei ca. 2% Dehnung duktil. Die Zugfestigkeit liegt zwischen 350 MPa und 400 MPa. Aus den gezüchteten YAg-Einkristallen wurden Zugproben derart aus dem Kristall geschnitten, dass die Zugachse parallel zur Kristallachse (YAg284.1: <321>, YAg298.2: <513>) lag. Die Verformung erfolgte im Temperaturbereich zwischen RT und 35K. Die gemessene Zugfestigkeit liegt zwischen 120 MPa und 195 MPa. Das Material bleibt bis zum Bruch zwischen 1.5% und 3.5% duktil. Die Bruchspannungen sind etwa um einen Faktor 3 kleiner als die der Polykristalle. Die ermittelten Streckgrenzen σ0.2 betragen bei T=0K für die polykristallinen Proben 410 MPa, für die einkristallinen Proben 160 MPa (YAg284.1) bzw. 210 MPa (YAg298.2). Nach Abzug des athermischen Fließspannungsanteils von 310 MPa, bzw. 60 MPa bzw. 110 MPa verbleibt ein thermischer Anteil von 100 MPa. Bezogen auf das wahrscheinlichste Gleitsystem {110}<100> (Schmidfaktor ≈ 0.3), ergibt sich eine kritische Schubspannung bei T=0K von ca. 33 MPa. Mittels TEM-Untersuchungen an zwei polykristallinen Proben, die bei 293K bzw. 4K zugverformt wurden, konnten nur Versetzungen mit <100> Burgersvektoren nachgewiesen werden. Dadurch wurde die Erkenntnis bestätigt, dass die Duktilität dieser Materialien an die bekannte {011}<100>-Gleitung gebunden ist. Die mögliche zusätzliche Aktivierung eines anderen Gleitsystems konnte nicht verifiziert werden. Es wurden keine anderen Burgersvektoren, wie z. B. <111> Burgersvektoren, nachgewiesen. Sowohl die geringe elastische Anisotropie als auch die niedrige Peierls-Spannung (<33 MPa) bedingen geringe innere Spannungen in den polykristallinen Proben und sind daher offenbar für die hohe Duktilität der untersuchten intermetallischen Verbindungen verantwortlich. Das Verhalten der Dehnratenempfindlichkeit entspricht mehr dem von kfz Metallen.