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Strukturelle Grundlagen der Substraterkennung durch polyspezifische Transporter der SLC22-Familie

Fachliche Zuordnung Biochemie
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 214897708
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Polyspezifische organische Kationentransporter (OCTs) und Anionentransporter (OATs) der SLC22 Proteinfamilie spielen eine entscheidende Rolle für die Aufnahme und Ausscheidung von Medikamenten. Da Wirksamkeit und Toxizität vieler Medikamente und die Interaktionen von Medikamenten durch die Funktion dieser Transporter beeinflusst werden, müssen neue Medikamente vor der klinischen Testung in vitro auf Interaktionen mit OCTs und OATs untersucht werden. Polymorphismen dieser Transporter können interindividuelle Unterschiede ihrer Expression und funktionellen Aktivität bewirken. Der molekulare Mechanismus der polyspezifischen Substraterkennung durch OCTs und OATs ist nicht aufgeklärt. Obwohl immer wieder beobachtet wurde, dass die Substrataffinitäten dieser Transporter durch die angewandten Messbedingen beeinflusst werden, wird dies bei der in vitro Testung bisher in der Regel nicht berücksichtigt. Der organische Kationentransporter der Ratte (rOCT1) ist der am gründlichsten funktionell und strukturell untersuchte Transporter der SLC22 Familie. Die Auswirkungen der Mutagenese einzelner Aminosäuren auf die Affinität von Substraten und Hemmstoffe auf den Transport sowie die Hemmung des Transportes wurden mit Hilfe von Homologiemodellen von kristallisierten bakteriellen Transportern interpretiert. Die Untersuchungen zeigten, dass rOCT1 mindestens eine niederaffine und eine hochaffine Bindungsstelle für die transportierten Modellsubstrate Tetraäthylammonium (TEA+) und 1–Methyl-4-Phenylpyridinium (MPP+) und den nicht transportierten Hemmstoff Tetrabutylammonium besitzt. Die Selektivität von rOCT1 wurde verändert wenn Aminosäuren ausgetauscht wurden, welche in den Homologiemodellen in der nach außen bzw. nach innen offenen Bindungstasche lokalisiert wurden. Aufgrund der Ungenauigkeit der Modelle und der indirekten Affinitätsbestimmungen über den Transport mussten die mechanistischen Interpretationen spekulativ bleiben. Im vorliegenden Forschungsvorhaben wurde versucht, den organischen Anionentransporter der Ratte (rOAT1), der sich in einem zellfreien Expressionssystem gut funktionell aktiv exprimieren ließ, zu kristallisieren. Obwohl sehr viele Bedingungen inklusive verschiedener Modifikationen des Proteins getestet wurden, wurden keine brauchbaren Kristalle erhalten. Um die Bindungsstellen für Kationen in rOCT1 zu charakterisieren, rekonstituierten wir zellfrei synthetisierten rOCT1 und rOCT1 Mutanten in Membranscheibchen („Nanodiscs“) und analysierten die Affinität der MPP+ Bindung sowie die maximale MPP+ Bindung pro OCT1-Monomer. Parallel führen wir Transportmessungen an Proteoliposomen durch. Wir stellten fest, dass die MPP+ Bindung durch die Lipidumgebung beeinflusst wird. Pro rOCT1 Monomer identifizierten wir zwei niederaffine MPP+ Bindungsstellen mit ähnlicher Affinität, die direkt am Transport beteiligt sind, sowie eine hochaffine Bindungsstelle, die den Transport wahrscheinlich allosterisch beeinflusst. Tryp218 und Asp475, die im Modell der nach außen offen Substratspalte nebeneinanderliegen, interagieren mit MPP+ in einer der niederaffinen Bindungsstelle während das entfernter lokalisierte Arg440 mit MPP+ in der zweiten niederaffinen Bindungsstelle interagiert. Da im Homologiemodell der nach innen offenen Substratspalte Tryp218 und Arg440 nebeneinander liegen, schließen wir, dass der Transport nach Bindung von MPP+ an jeder der beiden niederaffine Bindungsstellen eingeleitet werden kann und dann aber über einen gemeinsamen Transportweg befördert wird. Die erhaltenen Ergebnisse ermöglichen molekulare Erklärungen für unsere Beobachtungen, dass die Affinitäten von Hemmstoffen durch molekulare Struktur und die Konzentration des eingesetzten Substrates beeinflusst werden. Sie bieten eine erste Grundlage für die Erstellung von in silico Modellen zur Evaluierung von neuen Medikamenten und werden helfen spätere Kristallstrukturen zu interpretieren.

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