Dynamik, Gründe und Folgen des postindustriellen Wertewandels: Deutschlands Werteentwicklung im internationalen Vergleich
Final Report Abstract
Das Projekt ist als deutscher Teil der Weltwertestudie angelegt, die in 57 weiteren Ländern im Zeitraum zwischen 2005 und 2008 durchgeführt wurde. Die deutsche Weltwertestudie erhebt seit 1981 in mehrjährigen Untersuchungswellen repräsentativ die sozialen, ökonomischen und politischen Wertorientierungen der erwachsenen Wohnbevölkerung in der Bundesrepublik. Ziel des Projekts ist eine Bestandsaufnahme des Wertewandels in postindustriellen Gesellschaften, wobei die Perspektive eine international vergleichende ist. Theoretisch fokussiert das Projekt auf den vielfach konstatierten „emanzipatorischen“ Wertewandel, dessen soziale Triebkräfte (Stichwort: Individualisierung) sowie auf seine Folgen für das zivile Engagement und das Demokratieverständnis der Bürger. Das Untersuchungsdesign erlaubt zum einen die Betrachtung der Werteentwicklung im Zeitverlauf, da für Westdeutschland Daten für 1981, 1990, 1997, 1999 und nun 2006 vorliegen (für Ostdeutschland seit 1990). Zum anderen besteht die große Stärke der Weltwertestudie darin, Zugang zu Vergleichsdaten vieler anderer Länder zu eröffnen. Die zum Teil großen Unterschiede im kulturellen Hintergrund, der ökonomischen Entwicklung oder politischen Situation dieser Länder stellen im Kontext von Umfragedaten eine einmalige Datenbasis dar. Diese kann nicht nur für internationale Querschnittsvergleiche nutzbar gemacht werden, sondern auch, um z.B. Zusammenhänge zwischen nationalen Wertedynamiken und institutionellen Veränderungen zu untersuchen. Ein wesentlicher Beitrag dieses Projekts liegt also bereits in der Erhebung der deutschen Weltwertestudie-Daten und der kostenlosen Bereitstellung dieser Daten für Nutzer weltweit. In einem ersten Untersuchungsschritt fanden wir große Übereinstimmungen in der Dimensionalität der Werteräume, die in der kulturvergleichenden Werteforschung herausgearbeitet wurden. Unsere Untersuchungsergebnisse zeigen darüber hinaus eine Fortschreibung des emanzipatorischen Wertewandels in postindustriellen Gesellschaften, auch wenn er sich in Deutschland bei den jüngeren Generationen leicht abgeschwächt hat (Stichwort: Generation Golf). Motor dieses Wertewandels ist die subjektive Erfahrung individueller Autonomie, so z.B. in der Lebensgestaltung oder am Arbeitsplatz, die die Wertschätzung für Selbstbestimmung und Chancengleichheit anwachsen lässt. Steigende Selbstentfaltungswerte wirken vitalisierend auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat: mit einem eher prozess- statt ergebnisorientierten Demokratieverständnis, das nach mehr Beteiligungsmöglichkeiten fragt; und mit einem steigenden zivilgesellschaftlichen Engagement, das diese Forderungen bereits umsetzt.
Publications
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