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Kommunikationsstrategien lokaler Umweltinitiativen

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 212574093
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Gegenstand des Projektes war es, die Kommunikationsstrategien lokaler Bürgerinitiativen (BI), die sich zu umweltrelevanten Themen formiert haben, aus dem Blickwinkel der politischen Kommunikationsforschung zu untersuchen. Forschungsergebnisse zu diesem Gegenstand liegen bislang kaum vor. Insbesondere die Frage, auf Basis welcher Erklärungsdimensionen Bürgerinitiativen ihre Kommunikationsstrategien wählen, wurde noch nicht untersucht. Im Projekt wurde auf Grundlage etablierter Ansätze zur Erforschung sozialer Bewegungen und Bürgerinitiativen ein integratives theoretisches Erklärungsmodell der Kommunikationsstrategien von Bürgerinitiativen entwickelt. Dazu wurden insbesondere die Konzepte der Ressourcenmobilisierung, der Gelegenheitsstrukturen sowie das Framing verwendet. Dieses Modell wurde im Rahmen von umfangreichen qualitativen Fallstudien sowie einer quantitativen Befragung von Mitgliedern in Bürgerinitiativen im Themenbereich „Netzausbau“ überarbeitet und ergänzt. Im Projekt konnten zahlreiche methodische und inhaltliche Erkenntnisse erzielt werden, die nicht nur für die kommunikationswissenschaftliche Forschung zu Protestakteuren von Bedeutung sind. Im Rahmen der qualitativen Fallstudien wurde deutlich, dass die Bürgerinitiativen in einem Spannungsfeld gegensätzlicher Wahrnehmungen und Erwartungen operieren: Zum einen ist da die Selbstbeschreibung als sachlich, dialogbereit und nicht nur dagegen. Diese Selbstbild ist vor allem vor dem Hintergrund der politischen sowie medialen Gelegenheitsstrukturen zu verstehen, denn die Medien attestieren den Bürgerinitiativen zum Teil, Verhinderer der Energiewende zu seien und gegen die Leitung lediglich aus egoistischem Interesse zu protestieren. Um diesen Eindruck zu widerlegen wenden die Bürgerinitiativen insbesondere die Strategie der Mobilisierung der Expertise an, indem sie versuchen in den technischen Belangen auf Augenhöhe mit den Ingenieuren der Netzbetreiber zu diskutieren. Dazu entwickeln sie teilweise alternative Konzepte und Szenarien des Netzausbaus, die sie sogar mit selbst finanzierten wissenschaftlichen Alternativ-Gutachten begründen. Auf der anderen Seite steht die Wahrnehmung der BI-Mitglieder, dass Massenmedien „Inszenierung“ wünschen und auch die Politik häufig nur über die Mobilisierung von öffentlich-sichtbarem Protest aufmerksam gegenüber den Bürgerinitiativen wird. Insofern „inszenieren“ einige Bürgerinitiativen ganz aktiv spektakuläre Protestereignisse, um gezielt mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. Die Inszenierung findet allerdings deutliche Grenzen in der Selbstwahrnehmung der BI-Mitglieder: Viele Mitglieder distanzieren sich ganz ausdrücklich von unkonventionellen oder konfrontativen Protestformen, denn sie wollen nicht als „Protestler“ wahrgenommen werden. Diese spezifischen Vorstellungen von Politik und Medien können als Laientheorien charakterisiert werden. Solche Laientheorien umfassen nicht nur Einschätzungen der Offenheit einzelner Medien für die Anliegen der Bürgerinitiativen sondern zum Teil auch Einschätzungen der Wirkung dieser Medien auf die Bevölkerung sowie die Politik. Auffällig ist, dass eine Reihe der Aktivistinnen und Aktivisten starke, aber differenzierte Hostile-Media-Wahrnehmungen artikulieren: Nach ihrer Ansicht stellen vor allem die überregionalen Medien die Proteste negativ verzerrt dar. Teilweise wird den Medien unterstellt, sie seien direkt von den Energieunternehmen oder der Politik gesteuert. Die Kenntnis und Berücksichtigung dieser gesellschaftlichen und argumentativen Spannungsfelder, in denen sich der Protest abspielt, durch die involvierten Akteure, kann zu einer Verbesserung der Prozesse und Deeskalation der Auseinandersetzung beitragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013). Regional protests against new power lines: how citizen action groups make sense of mass media. UVP-Report 26(5), 217-220
    Bräuer, M.
  • (2014). Regionaler Protest und Massenmedien: Die Bedeutung von Massenmedien aus der Sicht von Bürgerinitiativen. In F. Oehmer (Hg.), Politische Interessenvermittlung und Medien. Funktionen, Formen und Folgen medialer Kommunikation von Parteien, Verbänden und sozialen Bewegungen (S. 326-343). Baden-Baden: Nomos
    Bräuer, M., & Wolling, J.
  • 2014). “The media demand the spectacle”: Protest repertoires of local protest actors. In F. Alver (Hg.), Proceedings of the first international communication science and media studies congress (S. 146-158). Izmit: Volga Yayincilik
    Bräuer, M., & Schumann, C.
 
 

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