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4-D Kinetik der Niedertemperatur-Degradation von Zirkoniumdioxid

Subject Area Thermodynamics and Kinetics as well as Properties of Phases and Microstructure of Materials
Term from 2012 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 211369415
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Das untersuchte Material, polykristallines, mit 3 Mol.-% Y2O3-dotiertes tetragonales Zirkondioxid (3Y-TZP), ist der wichtigste Vertreter der als Biomaterialien eingesetzten Zirkoniawerkstoffe. Diese finden seit geraumer Zeit Anwendung als Dentalkeramik, werden aber auch in anderen medizinischen Bereichen eingesetzt (insbesondere in der Hüft- und Knieprothetik). Für diesen Bereich ist es von entscheidender Bedeutung, ob der Werkstoff sich innerhalb der Anwendungszeiten und –bedingungen so verändert, dass es zu Ausfällen kommt. Solche Erkenntnisse sind aber auch von Bedeutung für andere Einsatzbereiche von Zirkonia, so den der mechanisch hochbeanspruchten Pumpen- und Lagerbauteile oder den der Wärmedämm- und Umgebungsschutzschichten. Die zentrale Fragestellung war die zeitliche und räumliche Ausbreitung von Phasenumwandlungen, die oberflächennah in feuchten Umgebungen bei relativ niedrigen Temperaturen erfolgen und als Antagonisten der Umwandlungsverstärkung durch eben diese Phasenumwandlungen das Material schwächen. Eine kinetische Beschreibung dieser Vorgänge ist von Bedeutung, um Gefährdungspotentiale abschätzen zu können und Materialentwicklungsfortschritte quantitativ beurteilen zu können. Die besonderen Schwierigkeiten des Projektes waren die Langsamkeit der Vorgänge bei den anwendungsrelevanten Körpertemperaturen und die quantitative Erfassung der Vorgänge. So musste sichergestellt werden, dass die Untersuchung keine Artefakte erfasst, denn mechanische Präparation von Proben kann in diesen Werkstoffen ebenfalls zur Umwandlung führen. Die Lagerung der Proben – selbst bei Raumtemperatur – führt ja zu Umwandlungsvorgängen. Potentiell führt damit auch die Messung mit hochenergetischer Strahlung zu Umwandlungen. Wir konnten nachweisen, dass die Erstellung von Schnitten mit der focused ion-beam (FIB) Methode keine signifikanten Umwandlungen hervorruft und die elektronenstrahlbedingte Umwandlung der Oberflächen nur unter speziellen Umständen im nm- oder Ångström-Bereich erfolgt. Zudem konnten wir zeigen, dass mit Hilfe des FIB nicht nur die Schnitte erzeugt werden können, sondern auch durch den „Channelling-Effekt“ die Umwandlungserscheinungen elektronenoptisch sichtbar gemacht werden können. Damit gelang es uns erstmals, den oberflächennahen Fortschritt der Umwandlung unter dem Einfluss feuchter Atmosphären im Bereich 37 – 134°C für ausgewählte Bedingungen zu messen und damit den grundsätzlich einfachen linearen Fortschritt der Umwandlungsfront mit der Zeit nachzuweisen. Auf dieser Basis wurde die zweite Schwierigkeit angegangen: die bis heute in der Literatur übliche Methode der Erfassung der Vorgänge durch röntgenographische und spektroskopische Oberflächenanalyse kritisch zu beleuchten. Hier konnten wir zeigen, dass die klassische Auswertung von XRD-Daten zu irreführenden Zahlen führt, da die differentielle Absorption mit der Tiefe nicht berücksichtigt wird. Dennoch kann der Kurvenverlauf (Zeit vs. % Umwandlung) interpretiert werden: scheinbare „Sättigung“ wird als maximale Umwandlung – und damit als Anteil des umwandlungsfähigen Polytyps im Ausgangsmaterials – ausgewertet und die Zeit, bei der diese einsetzt, als Maß der erreichten Tiefe der Umwandlungsfront gewonnen. Bei Kenntnis der jeweiligen Systemrandbedingungen (Strahlungstyp, Energie, Detektorempfindlichkeit) kann dies in kinetische Messgrößen überführt werden. Damit konnten die kinetischen Parameter des Umwandlungsfortschritts für ein prototypisches Material in unterschiedlich feuchter Atmosphäre bestimmt und damit das Projektziel erreicht werden. Es wurde dadurch belegt, dass die grundsätzliche lineare Kinetik nur für Sterilisationsbedingungen (um 130°C) einfach bleibt und bei geringen Feuchten oder niedrigen Temperaturen durch Nukleationsperioden variiert wird. Dies macht eine Lebensdauervorhersage sehr schwierig. Dennoch konnten wir erste Ansätze hierzu aufzeigen, die die bisherigen Erfahrungen im Dentalbereich – keine Ausfälle durch Niedertemperaturumwandlung im Bereich bis ca. 15 Jahre Einsatz – verständlich erscheinen lassen.

Publications

  • (2013): Direct Evidence for Continous Linear Kinetics in the Low-Temperature Degradation of Y-TZP Zirconia. - Acta Biomaterialia 9 (1): 4826-4835
    Keuper, M., Eder, K., Berthold, C. & Nickel, K.G.
    (See online at https://doi.org/10.1016/j.actbio.2012.08.032)
  • (2013): The long-time low-temperature degradation (“LTD”) kinetics in 3Y-TZP bioceramics. - Key Engineering Materials 529-530: 589-594
    Nickel, K.G., Keuper, M. & Berthold, C.
    (See online at https://dx.doi.org/10.4028/www.scientific.net/KEM.529-530.589)
  • (2014): Long-time ageing in 3 mol% yttria-stabilized tetragonal zirconia polycrystals at human body temperatures. - Acta Biomaterialia, 10 (2): 951-959
    Keuper, M., Berthold, C. & Nickel, K.G.
    (See online at https://doi.org/10.1016/j.actbio.2013.09.033)
 
 

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