Neoliberale Urbanisierungsprozesse in den Städten der arabischen Golfstaaten
Final Report Abstract
In den arabischen Golfstaaten vollziehen sich Transformationsprozesse, die neue sozialarchitektonische urbane Räume entstehen lassen und historisch gewachsene sozioökonomische Interaktionsräume eliminieren bzw. verändern. Es bilden sich Allianzen aus Politik und Wirtschaft, die mittels fragmentierter Stadtplanung den städtischen Teilräumen neue ökonomische Funktionen zuteilen. Die Gestaltung der Aktionsräume verschiedener sozialer Gruppen führt lokal zu sozialräumlicher Fragmentierung. Derartige Entwicklungen folgen den Entscheidungen der Akteure der neuen Allianzen sowie den Interessen der Stadtplaner, Architekten und externen Berater. Diese neoliberale Stadtentwicklung zielt auf Profitmaximierung im Immobiliensektor und verfolgt keine sozioökonomischen Entwicklungsstrategien. Über die fundamentalen Umwälzungen in der Stadtentwicklung in den arabischen Golfstaaten lagen vor Beginn des Projektes lediglich Einzelinformationen auf nationaler Ebene vor; diese divergierten jedoch stark von Land zu Land, waren in der Regel nur sehr oberflächlich, verschleierten die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge und erlaubten keine vergleichende Analyse und Erklärung der unterschiedlichen Entwicklungen. Im Rahmen der vorliegenden Studie ist es erstmals gelungen, einen umfassenden Überblick über die jüngsten neoliberalen Veränderungen im Bereich der Stadtentwicklung in den arabischen Golfstaaten zu gewinnen sowie die spezifischen Entwicklungen auf der Ebene der einzelnen Staaten vergleichend zu analysieren und sie zu erklären. Ermöglicht wurde dies in erster Linie durch qualitative Interviews mit 132 meist hochrangigen Akteuren aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft in Bahrain, Katar, Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Durch die intensive Kooperation mit weiteren Wissenschaftlern konnten im Rahmen eines internationalen Forschungsnetzwerkes die Ergebnisse mit Entwicklungen in Städten anderer arabischer Staaten verglichen werden. Die wichtigsten Strategien zur Realisierung der neoliberalen Zielsetzungen in der Stadtentwicklung konzentrieren sich auf: Gewinnmaximierung aus Immobilienentwicklungen und Förderung ausländischer Direktinvestitionen: Städtebauliche Großprojekte sind so gestaltet, dass ein maximaler Profit erwirtschaftet wird, der zwischen den Investoren aufgeteilt werden kann. Ausländische Investoren bilden dabei i.d.R. ein Joint Venture mit einheimischen Co-Investoren, die häufig direkt den Herrscherfamilien zugeordnet werden können. Imagebildung: Ziel dieser städtebaulichen Strategie ist eine Imagebildung, die einerseits nach außen wirkt und die Städte im regionalen und globalen Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Touristen und hochqualifizierte Arbeitskräfte als konkurrenzfähige Marke etablieren soll, die aber anderseits auch nach innen gerichtet ist und zur Schaffung einer nationalen Identität beitragen soll, um die Position der autoritär herrschenden Eliten zu festigen. Besondere Beachtung fanden im Rahmen der Untersuchungen die so genannten Large-Scale Urban Development Projects, die eine zunehmende ökonomische Polarisierung der Gesellschaft zur Folge haben, da lediglich die herrschenden Eliten von den daraus resultierenden Immobiliengewinnen profitieren. Meist werden sie in den attraktivsten und zentralen städtischen Lagen errichtet und führen so zu einer noch stärkeren Zersiedelung und damit zu einer anwachsenden sozialen Fragmentierung der Bevölkerung. Zudem werden im Zuge neoliberaler Stadtentwicklungsprozesse die historischen Altstädte aufwändig renoviert und in monofunktionale touristische Destinationen verwandelt, wodurch ansässige einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen verdrängt werden.
Publications
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