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Impressoria vor dem Reichshofrat

Subject Area Principles of Law and Jurisprudence
Term from 2006 to 2024
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 20969012
 
Final Report Year 2021

Final Report Abstract

Das Urheberrecht thematisieren die Reichshofräte nicht, weil es ihnen allein um die Entscheidungsfreiheit als "Gratialia" geht, d.h. freiwillige und jederzeit zurücknehmbare Leistungen des Kaisers, den sie vertreten und dessen Reservatrechte sie schützen. Man kann beim Reichshofrat (RHR) jedoch das Autorrecht Anfang des 18. Jahrhunderts vor allem in den von den Rechtsanwälten eingereichten Schriftsätzen finden. Daraus zu schließen, es gäbe neben dem Privilegienwesen stets ein ungeschriebenes Urheberrecht (aus Verlagsrecht), erscheint zu weit, da die Verleihung des Rechts nach Reichshofratspraxis der Schutzbrief war, d.h. die Erteilung des erbetenen Privilegs. Für Nürnberg ist dies indes nachweisbar. Dafür streitet ebenfalls, dass das "ius dandi privilegia universalia in Imperio" nach der Erteilung vom Kaiser stets zurückgenommen, eingeschränkt, verlängert oder beendet werden durfte. Eine eindeutige Antwort darauf, ob der Nachdruck auch ohne Privileg rechtswidrig gewesen sei, muss nach wie vor offenbleiben. Es ergibt sich in der Summe eine RHR-Verfahrenspraxis resp. ein "Prüfungsschema": Es durfte kein Schutzbrief gegen Nachdruck und Nachahmung erteilt werden, der unvereinbar gewesen wäre mit den Reichsabschieden sowie dem Polizeirecht, wobei letzteres eine Vorzensur, die Druckereiordnung und eine Prüfung der persönlichen Eignung der berufsausübenden Drucker beinhaltete. Seit 1753 wurde obendrein die Qualität des Druckwerkes in Betracht gezogen, wobei mindestens eine staatliche Autorität ihre Zustimmung geben (Universität, Magistrat) und eine Approbation vorliegen musste. Seit der Inkunabelzeit war die Buchproduktion im später gegenreformatorisch geprägten Köln im Alten Reich sowie international an vorderster Stelle. Köln verfügte über einen potenziell hohen Abnehmerkreis und war als religiöser Mittelpunkt neben Mainz die Stadt mit einem lesekundigen und -freudigen Publikum. Hier waren eine Universität und zahlreiche Konvente und Bursen zu Hause, die ihrerseits über umfangreiche Bibliotheken verfügten (Jesuiten, Kapuziner). Außerdem war die Kapitalkraft der Verleger bedeutend. Schon Ende des 16. Jahrhunderts befanden sich ca. 100 Drucker in Köln, ab dem 17. Jahrhundert erlebten gedruckte Zeitungen und Zeitschriften, sodann Wochenzeitungen eine große Blüte. All dies wird kulturhistorisch zurecht mit der Kommunikations- und Medienrevolution der Frühen Neuzeit in Verbindung gebracht, in der Privilegien gegen den Schutz vor Nachdruck eine lebenswichtige Rechtsquelle darstellten, um die in mehreren Instanzen gestritten wurde, also vor dem Kölner Magistrat bis zum RHR, der selbst oder durch den Frankfurter Bücherkommissar einschritt. Obwohl Privilegien mitunter konkurrierten, waren sie doch ein juristisches und ökonomisches Steuerungsmedium (Büchermarkt) für die Wissensgesellschaft der Frühen Neuzeit, die den Umgang mit dem Buchdruck und seinen Konsequenzen für Buchgewerbe und Autoren langsam lernen musste, was die archivgestützte Analyse unserer Fälle belegen kann.

Publications

  • Der Schutz gegen den Nachdruck aus der Sicht eines preußischen Beamten. Ein unbekanntes Votum aus dem Jahre 1825. In: Pahlow, Louis / Eisfeld, Jens (Hg.), Grundlagen und Grundfragen des Geistigen Eigentums. Tübingen: Mohr 2008, S. 81–91
    Elmar Wadle
  • Privilegia impressoria vor dem Reichshofrat. Eine Skizze. In: Leopold Auer/Werner Ogris/Eva Ortlieb (Hg.), Höchstgerichte in Europa. Bausteine frühneuzeitlicher Rechtsordnungen, Köln/Weimar/Wien 2007, S. 203-213
    Elmar Wadle
  • Urheberrecht zwischen Gestern und Morgen – Anmerkungen eines Rechtshistorikers, Universität des Saarlandes. Universitätsreden 69. Saarbrücken: Universitätsverlag 2007, S. 11–30
    Elmar Wadle
  • Der badische Privilegienschutz gegen den Nachdruck der Werke Goethes. In: Derschka, Harald / Hausmann, Rainer / Löhnig, Martin (Hg.), Festschrift für Hans-Wolfgang Strätz zum 70. Geburtstag, Regenstauf 2009, S. 551-563
    Elmar Wadle
  • Frühe Bemühungen um den Rechtsschutz privater Briefe. Eine Berliner Diskussion zur Reichweite des preußischen Gesetzes vom 11. Juni 1837. In: Kindler, Peter / Koch, Jens / Ulmer, Peter / Winter, Martin (Hg.), Festschrift für Uwe Hüffer zum 70. Geburtstag, München 2009, S. 1033-1049
    Elmar Wadle
  • Würzburger Privilegien für Drucke des Georg Reyser. In: Inge Kroppenberg/Martin Löhnig/Dieter Schwab (Hg.), Recht-Religion-Verfassung. Festschrift für Hans-Jürgen Becker zum 70. Geburtstag, Bielefeld 2009, S. 265-276
    Elmar Wadle
  • Der Entwurf eines Gesetzes über den Schutz des Eigenthums an Werken der Literatur und Kunst gegen den Nachdruck und Nachbildung. Ein zweiter Ansatz zur Reform des Urheberrechts im Großherzogtum Baden. In: Wendt, Rudolf / Ress, Georg / Wittinger, Michaela (Hg.): Festschrift für Wilfried Fiedler zum 70. Geburtstag, Berlin: Duncker & Humblot 2011, S. 978-990
    Elmar Wadle
  • Beiträge zur Geschichte des Urheberrechts. Etappen auf einem langen Weg (Schriften zum Bürgerlichen Recht Bd. 425), Berlin 2012, 403 Seiten
    Elmar Wadle
  • Druck und Nachdruck von Büchern und Zeitungen im gegenreformatorischen Köln. Ein Beitrag zum Umbruch der Wissensgesellschaft in der Frühen Neuzeit. In: UFITA - Archiv für Urheber- und Medienrecht I/2013, S. 87-151
    Thomas Gergen
  • Wien gegen Köln. Die mühevolle Durchsetzung von Reichshofrat-Entscheidungen in Nachdrucksachen. In: Geschichte in Köln (GiK) 61 (2014), S. 105-120
    Thomas Gergen
  • Kopierschutz im Alten Reich: Prozesse (insbesondere Appellationen und Vollstreckungsersuchen) über Kölner Privilegien gegen den Nachdruck (privilegia impressoria) vor dem Reichshofrat in Wien. In: Heike Jochum et al. (Hgg.), Freiheit, Gleichheit, Eigentum-Öffentliche Finanzen und Abgaben = Festschrift für Rudolf Wendt zum 70. Geburtstag, Berlin 2015, S. 91- 113. (Schriften zum Öffentlichen Recht, Band 1300)
    Thomas Gergen
  • Kriterien für die Privilegienerteilung gegen den Büchernachdruck: Kannte der Reichshofrat ein Prüfungsschema für privilegia impressoria et medica? In: UFITA II/2015, S. 487-516
    Thomas Gergen
  • Mediation und Translation im Recht des Geistigen Eigentums. Wirtschaftsmediation mit Schwerpunkt Deutschland und Luxemburg, Nomos: Baden-Baden 2015, 290 S., brosch., ISBN 978-3-8487-2330-0 (Reihe Denkart Europa)
    Thomas Gergen
  • Kreativität und Charakter. Recht, Geschichte und Kultur in schöpferischen Prozessen, Festschrift für Martin Vogel zum siebzigsten Geburtstag, Hamburg 2017, 502 + VIII Seiten
    Thomas Gergen, A. Götz von Olenhusen (Hrsg.)
  • Steinbüchel versus Witwe Hamacher vor dem Reichshofrat – Zum Problem der Ähnlichkeit von Schriftwerken bei Druckprivilegien. In: Albrecht Götz von Olenhusen/Thomas Gergen (Hg.), Kreativität und Charakter. Recht, Geschichte und Kultur in schöpferischen Prozessen, Festschrift für Martin Vogel zum siebzigsten Geburtstag, Hamburg 2017, S. 65-84
    Thomas Gergen
  • Vom Reichshofrat zur Reichsfilmkammer. Privilegienpraxis und Urheberrecht an Büchern und Filmen (16. - 20. Jahrhundert), Berlin 2019 (Schriften zur Rechtsgeschichte 186). Darin: Kaiserliche privilegia impressoria vor dem Reichshofrat. Zur Praxis des Nachdruckschutzes im Alten Reich anhand Kölner Fälle (16.-18. Jahrhundert), S. 13-66
    Thomas Gergen
  • Wiener Reichshofrat und Frankfurter Bücherkommissar „im Vergleich“ In: S. Omlor (Hg.), Weltbürgerliches Recht, Festschrift für Michael Martinek zum 70. Geburtstag, München 2020, S. 209-215
    Thomas Gergen
  • „Hat das Gesuch nicht statt“ – Kaiserliche privilegia impressoria für Kölner Kalender vor dem Reichshofrat (1737-1777) In: Stephan Meder (Hg.), Geschichte und Zukunft des Urheberrechts II, Band zur Tagung vom 5.-7. September 2019 in Hannover, Leibniz Universität, Göttingen 2020, S. 97-109
    Thomas Gergen
 
 

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