Project Details
Der Reichstag zu Frankfurt Sept./Okt. 1454. Bearb.v. Johannes Helmrath (Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe 19, 2. Hälfte - 1. Teil) Der Tag zu Wiener Neustadt Februar - Mai 1455. Bearb.v. Gabriele Annas (Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe 19, 2. Hälfte - 2. Teil)
Applicant
Professor Dr. Helmut Neuhaus
Subject Area
Early Modern History
Term
from 2011 to 2013
Project identifier
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 203563459
Der Reichstag zu Frankfurt (September/Oktober 1454)- (Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 19, 2-1): Bei dem Frankfurter Reichstag vom September/Oktober 1454 handelt es sich um einen jener drei bedeutenden „Türkenreichstage", mit denen das Heilige Römische Reich bzw. Europa auf das epochale Ereignis des 15. Jahrhunderts, den Fall Konstantinopels im Jahr 1453 - eines der Daten, mit denen die Geschichtswissenschaft die Neuzeit beginnen lässt - reagierte. Der erste „Türkenreichstag" in Regensburg (April bis Juni 1454) war Gegenstand des 1969 veröffentlichten ersten Teilbandes von Band 19. Der dritte Türkenreichstag, zusammengetreten in Wiener Neustadt von Februar bis Mai 1455, ist Gegenstand des Bandes 19, 2-2, für dessen Publikation gleichzeitig Mittel beantragt werden. Ein besonderer Aspekt der Edition ist, dass ihr Gerüst die Briefe und Texte des kaiserlichen Gesandten Enea Silvio Piccolomini (1405-1464), des späteren Papstes Pius IL, bilden, eines der führenden Humanisten. Sie werden hier erstmals ediert und vom Bearbeiter mit dessen Lebenserinnerungen kritisch in Beziehung gesetzt. Weitere Protagonisten des Bandes sind der Prediger Johannes von Capistrano (OFM) und der Kardinal Nikolaus von Kues. Hinzu treten die bedeutendsten gelehrten Räte der Zeit: Peter Knorre, Johannes Lieser, Martin Mair und Georg Heimburg. Der Band dokumentiert einmalige Humanistenreden - neben denen von Enea Silvio Piccolomini die von Giovanni di Castiglione und Bischof Johannes Barius - und in vielen Details die Entstehung der Institution „Reichstag", dies vor allem auf der Grundlage der Sammlungen des Markgrafen Albrecht Achilles und der Reichsstadt Nürnberg. Die Quellen zeigen in bester Weise, wie es ein Gutachter formuliert hat," „wie Politik damals funktionierte", dies nicht nur bei den zentralen Problemkreisen „Türkenhilfe" und „Landfrieden", sondern auch hinsichtlich der sog. Flankenverhandlungen. Sehr sorgfältig werden die biographiegeschichtlich wichtigen Teilnehmerverzeichnisse analysiert; dies wird auch tabellarisch dargeboten. Über Quelleneditionen vergleichbarer Qualität verfügt keine Nation mit Ausnahme der englischen. Der Band bietet - außer für das Heilige Römische Reich - auch reiches Material für die Geschichte Italiens, Burgunds, Frankreichs, Böhmens, Preußens, Polens und des Osmanischen Reiches. Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar bis Mai 1455) - (Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 19, 2-2): Der Tag von Wiener Neustadt in den Monaten Februar bis Mai 1455 stand wie der Frankfurter vom September/Oktober 1454 ganz unter dem Eindruck des Falls von Konstantinopel im Jahre 1453 und des weiteren Vorrückens der Osmanen nach Mitteleuropa und befasste sich in enger Rückbindung an das Papsttum und unter Einbeziehung weiterer europäischer Mächte mit der Organisation militärischer Abwehrmaßnahmen gegenüber den über den Balkan vordringenden Türken. Auch für diesen Reichstag gilt, dass - anders als seit dem 16. Jahrhundert - kein geschlossenes Quellencorpus vorliegt, das die Basis der Verhandlungen bietet (Mainzer Erzkanzlerarchiv). Insofern muss der Gang der Verhandlungen aus zahlreichen Bei- und Nebenakten sowie indirekten Zeugnissen rekonstruiert werden, was der Bearbeiterin in exzellenter Weise gelingt. Im Zentrum des Wiener Neustädter Tages stehen wiederum die Reden des kaiserlichen Rates Enea Silvio Piccolomini, des päpstlichen Legaten Giovanni di Castiglione und des ungarischen Gesandten Janos Vitéz, die als Meisterstücke „humanistischer Reichstags-Rhetorik" zu charakterisieren sind. Insofern bietet auch dieser Band wichtiges, bisher unbekanntes Material für den an Reichsgeschichte des 15. Jahrhunderts Interessierten und für die internationale Renaissance- und Humanismusforschung. Neben den Hauptverhandlungen bilden verschiedene Streitfragen, die teils Gegenstand bilateraler Gespräche waren, weitere Gegenstände des Bandes: sei es die Regelung des Konflikts mit Luxemburg, an der die burgundische Gesandtschaft ein großes Interesse hatte, sie es die Belehnung Francesco Sforzas, die eine Gesandtschaft aus Mailand thematisierte. Nicht zuletzt ist auch dieser Reichstag, der bisher in der Forschung eher ein Schattendasein geführt hat, mit Blick auf die strukturelle Entwicklung spätmittelalterlicher ständischer Versammlungen und Reichstage von großer verfassungshistorischer Bedeutung.
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