Geschlechtsspezifische Sozialbeziehungen als Determinanten früher Bildungsprozesse: Eine Berliner Längsschnittstudie zum Einfluss der Bindungen zu Erzieher/Inne/n und Primarstufenlehrer/inne/n auf die Bindungskarriere von Mädchen und Jungen
Final Report Abstract
Das vierjährige Projekt hat mittels unterschiedlicher Erhebungsmethoden und unter Berücksichtigung der vielfältigen Umweltfaktoren die Leistungsentwicklung von Kindern untersucht. Es wurden umfangreiche Daten aus 135 unabhängigen Erzieherin-Kind-Dyaden, mit zusätzlichen Informationen zu den Eltern und den Peers in den Kindergartengruppen sowie Daten zur schulischen Entwicklung der Kinder und von deren Lehrer/innen in der Grundschule erhoben. Aufgrund der aufwändigen Stichprobenpflege und sorgfältigen Organisation der umfangreichen Erhebungen konnte die Drop-out-Quote über die zwei Erhebungsjahre relativ gering gehalten werden. Die Analysen der umfangreichen Daten dieses Projektes werden fortlaufend weitergeführt. Die zentralen Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: Die Untersuchung der Sozialbeziehungen der Kinder stellte einen ersten thematischen Schwerpunkt unserer Arbeit dar. Jungen und Mädchen waren in qualitativ unterschiedlichen Beziehungen zu den Erzieherinnen und Lehrpersonen und die Beziehungsqualität wirkte sich auf bestimmte Aspekte der Leistungsentwicklung der Kinder aus. Auch die Bildungsbereitschaft der Kinder stellte sich geschlechtsspezifisch dar. Die schriftlichen Kompetenzen in der ersten Klasse werden durch die Qualität der Beziehung zur Erzieherin mitbestimmt. Die Art der Beziehung wies eine hohe Stabilität innerhalb der Schulzeit auf, übertrug sich allerdings nicht von der Beziehung zur Erzieherin auf die Beziehung zur Lehrperson in der Grundschule. Die Untersuchung der Geschlechtersozialisation im Bildungskontext wurde in diesem Projekt als zweites Hauptanliegen betrachtet. Es zeigte sich, dass Kinder zu Beginn ihrer Schulzeit sich bereits stark geschlechtstypisch selbst beschrieben und dass sich daraus Unterschiede in leistungsrelevanten Variablen, wie dem mathematischen Selbstkonzept oder dem Interesse am Lesen, vorhersagen ließen. Traditionelle Geschlechtsrollenorientierungen von Erzieherinnen führten zu einer Verstärkung der Geschlechtstypisierung im Geschlechtsrollen-Selbstkonzepte von Jungen und Mädchen und außerdem bereits vor Schulbeginn zu einem Nachteil der Jungen in ihrer schriftsprachlichen Motivation. Bei der Betrachtung der Leistungsentwicklung, einem dritten Schwerpunkt dieses Projektes, im Übergang vom Kindergarten in die Grundschule, zeigte sich eine starke Vorhersagbarkeit der schulischen Leistungen aus den Vorläuferkompetenzen vor Schulbeginn. Der bereits im Kindergarten vorhandene Geschlechtsunterschied zugunsten der Mädchen in den schriftsprachlichen Vorläuferkompetenzen mündete in unterschiedliche Leseleistungen von Jungen und Mädchen in der ersten und zweiten Klasse. Auch im Bereich des Schreibens zeigte sich mit der zweiten Klasse ein Vorteil der Mädchen gegenüber den Jungen. In den mathematischen Kompetenzen zeigten sich zu keinem der Messzeitpunkte Geschlechtsunterschiede, lediglich in der Betrachtung von Subskalen, wie den einfachen Rechenoperationen, deutete sich ein beginnender Vorteil für die Jungen an. Die Relevanz der frühen Motivation für die Leistungsentwicklung und auch die Auswirkungen der Leistungen auf die Fähigkeitseinschätzungen der Kinder konnten empirisch nachgewiesen werden.
Publications
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