Mittelalterliches und frühneuzeitliches Fährwesen an Main und Neckar
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt konnte im Bereich der Schiffsarchäologie dank des umfangreichen Fundgutes vom 114 Einbäumen am Main einen vollkommen neuen Blick auf die feingegliederte Entwicklung eines einzelnen Fahrzeugtyps im Verlauf des Mittalters ermöglichen. Vergleichbare Situationen sind auch für andere Fließgewässer anzunehmen, allerdings aufgrund des deutlich geringeren Fundaufkommens bislang nicht nachweisbar. Bisherige Überlegungen zu Fließgewässer übergreifende Bootstypenentwicklungen sind deutlich zu grob gefasst und bedürfen einer Revision. Sehr deutlich zeigte sich der Einfluss der Geologie auf den Funderhalt. Dies sollte in zukünftigen Projekten mit Blick auf die Aussagemöglichkeiten stark verlagerter Objekte stärker bedacht werden. Die Veränderungen in der Holznutzung innerhalb des 14. Jahrhunderts lassen sich vorbildhaft am Fundmaterial mit dem Wechsel von Eiche zu Tanne nachweisen. Das Phänomen „Einbaumfähre“ ist für die Arbeitsregionen umfassend untersucht worden. Der Vergleich mit Funden aus ganz Europa zeigt, dass es sich um eine überregional vertretene Form handelt, mit Blick auf ethnologische Quellen sogar bis in den ostasiatischen Raum verbreitet. In mittelalterlichen Schriftstücken oder Darstellungen konnten diese Fahrzeuge aber bislang nicht identifiziert werden. Eine Verknüpfung von archäologischen Fährfunden und schriftlichen Quellen konnte bis auf wenige Ausnahmen nicht gelingen. Die gewählte Methode der gezielten Auswertung von Ortschroniken hat sich als zielführend herausgestellt und bietet die Möglichkeit auch für andere Fragestellungen mit einem großräumigen Forschungsansatz übertragen zu werden. Die untersuchte Zahl von 239 Flussübergängen an Main, Neckar und Regnitz zeigt ein recht einheitliches Bild der Entwicklung von den frühesten Fährnennungen im 11. Jahrhundert bis in das 20. Jahrhundert. Innerhalb einer Kulturlandschaft besitzen Fähren einen besonderen Platz mit weitreichenden Anknüpfungspunkten. Es handelt sich bei ihnen um hochregulierte Einrichtungen, welche als Lehen gewährt werden. Seit wann die Übergänge kontinuierlich genutzt wurden liegt meist im Dunkeln. Während im Mittelalter überlieferungsbedingt offensichtlich nicht alle existierenden Übergänge bekannt sind, ergibt sich spätestens ab dem 17. Jahrhundert ein geschlossenes Bild. Im mittelalterlichen Latein scheint der Begriff Fähre nicht bekannt gewesen zu sein. Fährleute konnten das Recht auf den Fährbetrieb als Erbpacht oder in einem regelmäßigen Turnus über Versteigerung erhalten. Dafür hatten sie das Recht von den Reisenden Gelder für ihre Dienste zu verlangen. Gemeindemitglieder gelten diese Pflicht in der Regel mit jährlichen Einmalzahlungen ab. Rechte und Pflichten der Lehnsherren, Pächter und Fahrgäste wurden in Fährbriefen oder Dorfordnungen niedergeschrieben. Zur Fähre gehörten oft auch Häuser und etwas Land. Vorrangig als Fährleute waren Fischer oder Schiffer tätig. Die Fahrzeuge lassen sich in Wagen- und Personenfähren unterscheiden. Mit dem intensiven Brückenbau ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschwinden die Fähren zusehends. Bei all diesen Entwicklungen lassen sich keine generellen Unterschiede zwischen Main und Neckar feststellen. Die Nutzung von Furten als Hauptträger der Flussüberquerung kann im Bearbeitungsgebiet ausgeschlossen werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Einbäume des Maingebietes – Fähren als verbindendes Element eines mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wegesystems. In: Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung (Hrsg.), Siedlungs- und Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet (SKN) 34, Rahden/Westf. 2011, S. 115-128
L. Kröger
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Zwischen Main und Alpenrand. Ein Überblick zu den archäologischen Hinterlassenschaften von Wasserfahrzeugen in Süddeutschland. In: M. Chytráček, H. Gruber, J. Michálek, K. Schmotz und R. Sandner (Hrsg.), Archäologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern /West- und Südböhmen/Fines Transire. 22. Treffen, Rahden/Westf. 2013, S. 111–130
L. Kröger
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Les bateaux fluviaux médiévaux sur le Main et le Neckar. Les bacs comme composantes d'un paysage culturel fluvial. In: É. Peytremann (Hrsg.), Des Fleuves et des Hommes à l'époque mérovingienne. Territoire fluvial et société au premier Moyen Âge (Ve-XIIe siècle), Dijon 2016, S. 89–104
L. Kröger
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Crossing the River. Ferries as part of the maritime landscape of the river Main (Germany). In: J. Gawronski, A. van Holk u. J. Schokkenbroek (Hrsg.), Ships and Maritime Landscapes. Proceedings of the Thirteenth International Symposium on Boat and Ship Archaeology, Amsterdam 2012, S. 95-101
L. Kröger
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Medieval inland navigation and the shifting fluvial landscape between Rhine and Danube (Germany). In: European Journal of Post-Classical Archaeologies Vol. 7, 2017, S. 65-96
L. Werther u. L. Kröger
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Ferry stations as small harbours. The role of river crossings in the workaday life at southern German rivers. In: C. von Carnap-Bornheim, F. Daim, P. Ettel und U. Warnke (Hrsg.), Harbours as objects of interdisciplinary research – Archaeology + History + Geoscience, Mainz 2018, S. 403-414
L. Kröger