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Exzellenz und/oder Chancengleichheit der Geschlechter: Nationale Programmatiken und diskursive Praktiken an Universitäten (Deutschland und Schweiz)

Co-Applicant Dr. Julia Nentwich
Subject Area Empirical Social Research
Term from 2011 to 2018
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 196369935
 
Final Report Year 2019

Final Report Abstract

Vor allem drei Erkenntnisse mit Anregungspotenzialen und Anwendungsoptionen für die stärkere Verknüpfung von Wissenschafts- und Gleichstellungspolitik stechen aus den komplexen Analysen hervor: (1) Wissenschaftliche »Exzellenz« wird im auf Deutschland bezogenen national-programmatischen Diskurs vor allem als etwas Herzustellendes, zu Erreichendes, vorgestellt, das der Stärkung des Wissenschaftsstandorts Deutschland im globalen Gefüge und der Modernisierung des Wissenschaftssystems durch institutionelle Differenzierung im Zuge der wettbewerblichen Exzellenzinitiative dient. Im auf die Schweiz bezogenen national-programmatischen Diskurs spielt »Exzellenz« hingegen eine geringere Rolle, da das schweizerische Wissenschaftssystem als »exzellent« vorgestellt wird. Insofern wird hier »Exzellenz« auch als erreichte »Qualität« umschrieben. Bisher nicht empirisch belegt wurde, dass in Deutschland die Herstellung von »Chancengleichheit« vor allem politisch begründet, in der Wissenschaft aber nicht als unverzichtbar für ihre »Exzellenz« begriffen wird. In schweizerischen Kontext finden sich demgegenüber komplexere Legitimationen von Chancengleichheitsanliegen. (2) Diskursanalytisch belegt werden konnte für Deutschland und die Schweiz, dass unter den unter (1) umrissenen Bedingungen von »Exzellenz« und »Chancengleichheit« Vorstellungen des »Ideal Researcher« nach wie vor dem historisch etablierten Bild der »wissenschaftlichen Persona« (Daston 2003) folgen, die sich auf traditionell männliche Art und Weise ganz der Wissenschaft verschrieben hat, explizit nicht aber als »männlich« präsentiert werden. Frauen in der Wissenschaft gelten demnach nach wie vor als »Andere«, die dann als »Ideal Researcher« gelten können, wenn sie dem implizit »männlichen« Modell der »wissenschaftlichen Persona« folgen und nicht in ihrer vermeintlichen »geschlechtlichen Differenz« als Besondere auffallen. Dies ist angesichts langjähriger gleichstellungspolitischer Anstrengungen im Wissenschaftssystem insofern überraschend, als es eindrücklich das Beharrungsvermögen des implizit vergeschlechtlichten Leitbilds »Ideal Researcher« trotz umfassender Wissenschaftsreformen und damit verbundenen Wandlungsprozessen belegt. (3) Der Fokus auf die »Übersetzung« der national-programmatischen Diskurse auf die lokalorganisatorischen Praktiken zeigt basierend auf den Diskursanalysen für die Schweiz erstens sich auf dem Weg in die Praktiken verändernde Zielsetzungen, zweitens das Mobilisierungspotenzial der diskursiven Verknüpfung von wissenschaftlicher »Exzellenz« mit Chancengleichheit für organisationale Gleichstellungsanliegen und drittens auf, dass Chancengleichheit in Verbindung mit der Einführung von »New Public Management« im Wissenschaftssystem als »Exzellenz« fördernd wirken kann.

Publications

  • 2019. Quand l’excellence rencontre l’égalité des chances: quelques découvertes en analyse de discours [When excellence meets equal opportunities: Discourse analytical findings]. In Universités: les politiques d’égalité entre femmes et hommes à l’heure de l’excellence. SociologieS [Online], Hrsg. Farinaz Fassa, Martin Benninghoff und Sabine Kradolfer
    Nentwich, Julia C., Anna-Katrin Heydenreich und Ursula Offenberger
  • 2017. Chancengleichheit, Translation und Interpretative Repertoires – die Übersetzung des Bundesprogramms Chancengleichheit an einer Schweizer Universität oder: ein Tanzkurs für Elefanten im Raum. In: Neo-Institutionalismus – Revisited: Bilanz und Weiterentwicklungen aus Sicht der Geschlechterforschung, Hrsg. Maria Funder, 307–337. Baden- Baden: Nomos
    Offenberger, Ursula, und Julia C. Nentwich
    (See online at https://doi.org/10.5771/9783845273785-307)
  • 2018. Kennzahlen als verräterische Verbündete: eine übersetzungstheoretische Perspektive auf hochschulische Gleichstellungsreformen. In Vermessene Räume – gespannte Beziehungen. Geschlechterverhältnisse und -dynamiken und die Vermessung der Universität, Hrsg. Sabine Hark und Johanna Hofbauer, 283–308. Berlin: Suhrkamp
    Nentwich, Julia C., und Ursula Offenberger
    (See online at https://doi.org/10.15496/publikation-39095)
  • 2019. Geschlechterwissen: zur Vielfalt epistemischer Perspektiven auf Geschlechterdifferenz und -hierarchie in der sozialen Praxis. In Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Hrsg. Beate Kortendiek, Birgit Riegraf und Katja Sabisch, 179–189. Wiesbaden: Springer VS Verlag für Sozialwissenschaften
    Kahlert, Heike
    (See online at https://doi.org/10.1007/978-3-658-12500-4_163-1)
 
 

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