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Thermodynamik eines zweidimensionalen Photonengases

Fachliche Zuordnung Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 195825885
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bose-Einstein-Kondensation, die Kondensation kalter und dichter Ensembles in einen makroskopisch besetzten Grundzustand, wurde erstmals im Jahr 1995 am Beispiel kalter verdünnter atomarer Alkaligase beobachtet. In Vorarbeiten war es unserer Arbeitsgruppe gelungen, erstmals eine Bose-Einstein-Kondensation von Photonen in einem farbstoffgefüllten Mikroresonator experimentell zu beobachten. Im Gegensatz zu von ihrer der Umgebung isolierten atomaren Kondensaten (mikrokanonisches Ensemble), ist das Photonenkondensat durch Absorptions- und Reemissionprozesse mit Farbstoffmolekülen sowohl an ein Wärmebad als auch ein effektives Teilchenreservoir gekoppelt. Dies kann die Kohärenzeigenschaften des Kondensats maßgeblich beeinflussen. Der Teilchenaustausch mit dem Reservoir kann im Sinne des großkanonischen Ensembles zu starken, statistischen Fluktuationen der Kondensatbesetzung und einer entsprechend reduzierten Kohärenz zweiter Ordnung ähnlich einer thermischen Lichtquelle führen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde erstmals eine Bose-Einstein-Kondensation unter solchen großkanonischen Bedingungen beobachtet und die Eigenschaften der statistischen Anzahlfluktuationen für unterschiedliche Reservoirgrößen untersucht. In einem zweiten Projektteil gelang eine zeitaufgelöste Studie der Thermalisierungsdynamik des Photonengases im Mikroresonator. Zu Beginn des Vorhabens wurden mit Hilfe eines Hanbury Brown-Twiss Interferometers Messungen der Intensitätskorrelationen unterschiedlich stark besetzter Photonenkondensate in der Anwesenheit eines konstant großen Reservoirs durchgeführt. Für anwachsende Bose-Einstein-Kondensate konnte ein Übergang der Teilchenzahlstatistik von großkanonischen hin zu kanonischen Ensemblebedingungen beobachtet werden. Im nächsten Schritt konnte ein systematisches Vergrößern der Teilchenreservoire durch Erhöhen der Farbstoffkonzentration sowie Verstimmung der Kondensatfrequenz realisiert werden, wodurch schließlich der Nachweis von starken, statistischen Teilchenzahlfluktuationen bis tief in die kondensierte Phase gelang. Zusätzliche direkte Intensitätsmessungen mit Hilfe eines Photodetektors bestätigten das Übergangsverhalten von Bose-Einstein-verteilter zu Poisson-artiger Photonenstatistik. Das Experiment kann als fundamentaler Test der Gültigkeit des großkanonischen statistischen Ensembles in der Bose-Einstein-kondensierten Phase verstanden werden. Darüberhinaus werfen die im Rahmen des Vorhabens gewonnen Resultate neues Licht auf die grundlegenden Kohärenzeigenschaften von Bose-Einstein-Kondensaten, denen bislang Kohärenz zweiter Ordnung stets als notwendige Eigenschaft zugeschrieben wurde. Weiterhin gelang im Rahmen des Forschungsvorhabens die Demonstration der Phasenkohärenz des optischen Bose-Einstein-Kondensats durch interferometrische Überlagerung des kondensierten Lichts mit einem Farbstofflaser, dessen Emission als Phasenreferenz agierte. In einem zweiten Teil des Forschungsprojektes wurde die Thermalisierungsdynamik des Photonengases zeitaufgelöst studiert. Dazu wurden nach einer anfänglichen Anregung des Farbstoff-Mikroresonators mit einem modengekoppelten Pulslaser zeitaufgelöste Messungen der räumlichen und spektralen Intensitätsverteilung des Lichts durchgeführt. In einem ersten Schritt gelang dadurch unter räumlich homogener Farbstoffanregung der Nachweis, dass die Thermalisierungszeit des Photonengases nahezu der Reabsorptionszeit des Lichts im Farbstoffmedium entspricht. Die Thermalisierung bleibt unvollständig, wenn die Photonen aufgrund von Verlusten den Resonator verlassen ehe sie thermalisieren. In einem nächsten Schritt wurde die Photonendynamik infolge einer räumlich inhomogenen Pulsanregung untersucht. Abhängig von der Thermalisierungsrate konnte hierbei ein Übergang zwischen üblichem Laserbetrieb fern des Gleichgewichts zu einem Bose-Einstein-Kondensat in situ nachgewiesen werden. Das Photonen-Farbstoff-System erweist sich als vielseitiges und ausgezeichnet kontrollierbares System zur Untersuchung von Bose-Einstein-Kondensation in der Anwesenheit von Reservoiren und Dissipation.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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