Detailseite
Projekt Druckansicht

Problemdiskurse: Eigenlogik der Städte und politische Agenda

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 195259578
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die interpretative Wende in der Policy-Forschung mit ihrem Interesse an der kontextgebundenen Konstruktion von Problemen hat in der lokalen Politikforschung bislang kaum Einzug gehalten. Von der Stadt als narrativem Resonanzboden auszugehen, vor dessen Hintergrund politische Probleme auf spezifische Weise diskursiv konstruiert werden, ist bisher allenfalls eine randständige Forschungsperspektive. Das abgeschlossene Projekt folgte Überlegungen zur „Eigenlogik der Städte", einem interdisziplinären (und in hohem Maße auch theoriegeleiteten) Forschungsprogramm, wonach jede Stadt einen distinkten Sinnhorizont evoziert, und rekonstruierte in städtevergleichender Perspektive, inwiefern sich dieser in stadtspezifischen Erzählungen zu lokalen Problemen niederschlägt. Anhand der Städte Frankfurt/Main, Dortmund, Birmingham und Glasgow wurden ausgehend von einer Diskursanalyse von Tageszeitungen und Gremienprotokollen und flankiert von Einzel- und Gruppeninterviews die lokal spezifischen, kollektiven Referenzpunkte in den städtischen Problemdiskursen rekonstruiert. Von besonderem Interesse waren strukturierende Formen der Problemerzählungen - „causal stories" oder „Narrative" -, durch die verschiedene Ereignisse zueinander in spezifischer Weise in zeitliche oder kausale Beziehung gesetzt werden. Dabei traten Unterschiede dahingehend zutage, wie in den jeweiligen Problemerzählungen über inhaltlich-thematische Grenzen hinweg die Rollen und Interaktionen von „Politik", „Verwaltung" und „Bürgern" stadtspezifisch entworfen werden. Jene Teilbereiche der Lokalpolitik, die in neo-positivistischer Forschung essentialistisch als gegebene Arenen konzipiert werden, erscheinen aus dieser diskursanalytischen Perspektive somit als kontingente Deutungsleistung. Neben dieser stadtspezifischen Konstruktion von Arenen zeigte sich darüber hinaus, dass in den vier Städten in spezifischer Weise mit der für urbane Lebensräume charakteristischen sozialen Dichte und Heterogenität umgegangen wird. Drittens schließlich ist mit der Benennung von Problemursachen üblicherweise ein Rückgriff auf die Vergangenheit verbunden, wenn in ihr die Gründe für gegenwärtige Probleme gesehen werden; zudem geht mit der Formulierung von Handlungsaufforderungen und der Herausstellung oder Verneinung eigener Handlungsfähigkeit eine Konturierung der Zukunft einher. Daraus folgt eine diskursive Relationierung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, worin sich die vier untersuchten Städte ebenfalls merklich unterscheiden. Viertens wurden im Projekt methodologische Erkenntnisse zur Zusammenarbeit von Sozial- und Textwissenschaften gewonnen (und publiziert).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2013: Kommunale politische Eliten und die Eigenlogik der Städte - Zur machtkonstitutiven Wirkung des Diskurses. In: Harm, Katrin/Aderhold, Jens (Hrsg.): Die subjektive Seite der Stadt. Neue politische Herausforderungen und die Bedeutung von Eliten im lokalen Bereich. Wiesbaden: Springer VS, 273-293
    Barbehön, Marlon
  • 2014: Constructing Discursive Differences: Towards a "Logic" of Cities. In: HSR - Historical Social Research / Historische Sozialforschung 39 (2), 103- 114
    Gehring, Petra/Großmann, Andreas
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.12759/hsr.39.2014.2.103-114)
  • 2014: Die Stadt als Sinnhorizont: Zur Kontextgebundenheit politischer Narrative. In: Gadinger, Frank/Jarzebski, Sebastian/Yildiz, Taylan (Hrsg.): Politische Narrative. Konzepte - Analysen - Forschungspraxis. Wiesbaden: Springer VS, 149-171
    Barbehön, Marlon/Münch, Sybille
  • 2014: Eigenlogik der Städte: Ein fachdisziplinärer Beitrag zur Diskussion. In: Leviathan 42 (2), 163-173
    Zimmermann, Karsten/Barbehön, Marlon/Münch, Sybille
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.5771/0340-0425-2014-2-163)
  • 2014: Städte unterscheiden lernen: Zur Analyse interurbaner Kontraste: Birmingham, Dortmund, Frankfurt, Glasgow. Frankfurt, New York: Campus. 470 S. - 9783593502113
    Frank, Sybille/Gehring, Petra/Griem, Julika/Haus, Michael (Hrsg.)
  • 2015: Problem Definition and Agenda-Setting in Critical Perspective. In: Fischer, Frank/Torgerson, Douglas/Orsini, Michael/Durnova, Anna (Hrsg.): Handbook of Critical Policy Studies. Cheltenham: Edward Elgar Publishing. Kap. 13, S. 241-258. - 9781483472345
    Barbehön, Marlon/Münch, Sybille/Lamping, Wolfram
  • 2015: Städtische Problemdiskurse: Lokalpolitische Sinnhorizonte im Vergleich. (Modernes Regieren - Schriften zu einer neuen Regierungslehre, Bd. 12) Baden-Baden: Nomos. 207 S. - 978-3-8487-1661-6,
    Barbehön, Marlon/Münch, Sybille/Haus, Michael/Heinelt, Hubert
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.5771/9783845256931)
  • Urban problem discourses: Understanding the distinctiveness of cities. In: Journal of Urban Affairs, Volume 38, 2016 - Issue 2, Pages 236-251
    Barbehön, Marlon/Münch, Sybille/Gehring, Petra/Großmann, Andreas/Haus, Michael/Heinelt, Hubert
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/juaf.12206)
  • Interrogating Urban Crisis: Cities in the governance and contestation of austerity. Urban Studies, Volume: 54 issue: 9, page(s): 2023-2038, July 2017
    Bayirbag, Mustafa Kemal/Davies, Jonathan S./Münch, Sybille (Hrsg.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1177/0042098017706336)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung