Das "sanfte Joch" der Päpste - Autorität und Autonomie im Patrimonium Petri des 13. Jahrhunderts
Final Report Abstract
Ziel des beantragten Forschungsvorhabens war eine umfassende Neubewertung der weltlichen Herrschaft der Römischen Kirche in Mittelitalien. Das „sanfte Joch“ der Päpste, so die Ausgangshypothese, ließ bewusst Raum für die autonome Interaktion der päpstlichen Untertanen, vor allem der Kommunen, und trug somit den oft fehlenden Machtressourcen der päpstlichen Autorität Rechnung. Das Vorhaben wollte damit auch einen Beitrag zur noch wenig untersuchten Bedeutung politischer Autonomie in Ordnungsgebilden des europäischen Hoch- und Spätmittelalters leisten. Die aus dem Arbeitsschwerpunkt "Kommunale Bündnis- und Kommunikationsnetze" hervorgegangene Dissertation der Projektmitarbeiterin Christina Mayer konnte diese Ausgangsüberlegungen zumindest für den umbrischen Raum weitgehend bestätigen. Die autonom organisierten Bündnisse waren in den Konflikten der Römischen Kirche mit den Vertretern der Reichsherrschaft eine unverzichtbare militärische und politische Stütze und trugen oftmals zur Erhaltung des Friedens in der Region bei, in dem Konflikte auf der Basis des Bündnisvertrags auf schiedsgerichtlichem Wege gelöst wurden. Dies resultierte in weit höherem Maße, als eingangs erwartet, aus der starken Verrechtlichung der Bündnisse und der starken Rechtsverbindlichkeit, die den Verträgen zugesprochen wurde. Die societas, so der Quellenterminus, stellte sich als ein spezifisches Rechtsinstrument mit klaren formalen Vorgaben heraus, das neues Recht zwischen den Kommunen setzte. Dieser Befund generiert damit neue Fragen zur Bedeutung der im 13. Jahrhundert zu beobachtenden starken Verrechtlichung aller Gesellschaftsbereiche für das Funktionieren des skizzierten Ordnungsmodells, des „sanften Jochs“ der Päpste. Es eröffnen sich so auch neue Perspektiven zur Rolle von „Autonomie“ – entgegen den ursprünglichen Prämissen des Projekts im eigentlichen Wortsinn der Eigengesetzlichkeit verstanden – in mittelalterlichen Herrschaftsordnungen. Die im Förderungszeitraum erstellte Datenbank zur Mark Ancona mit über 400 Regesten während des großen Konflikts der römischen Kirche mit dem staufischen Herrscherhaus ermöglicht eine zukünftige Kontrastierung dieser Befunde durch Untersuchungen an einer zweiten päpstlichen Provinz. Einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der päpstlichen Kurie stellt die auf den Weg gebrachte Publikation der weitgediehenen Vorarbeiten von Norbert Kamp zu einer Edition des Protokollbuchs des päpstlichen Kammernotars Bassus de Civitate dar. Eine Publikation dieses exzeptionellen Zeugnisses zur nur spärlich durch Quellen abgedeckten Geschichte der Apostolischen Kammer im 13. Jahrhundert gilt auch aufgrund des schlechten Erhaltungszustand der Handschrift als Desiderat. Aus den Projektmitteln konnte die Erstellung eines digitalen Rohmanuskripts der handschriftlichen Transkriptionen Norbert Kamps mit allen 273 Instrumenten finanziert werden. Die aus dem Protokollbuch zu gewinnenden Einsichten in die Tätigkeiten der Kammer in der Verwaltung des Patrimonium Petri werden hoffentlich als Grundlage für weitere Forschungen zur weltlichen Herrschaft der Römischen Kirche in Mittelitalien, aber auch zu darüber hinausgehenden Fragestellungen zur päpstlichen Kurie im 13. Jahrhundert dienen.
Publications
- Perfekte Harmonie. Kardinal Stefano Conti und der Freskenzyklus bei SS. Quattro Coronati in Rom, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 123 (2012), S. 145–172
Thumser, Matthias
- Kardinal Rainer von Viterbo († 1250) und seine Propaganda gegen Friedrich II., in: Die Kardinäle des Mittelalters und der frühen Renaissance, hg. v. Jürgen Dendorfer u. Ralf Lützelschwab unter Mitarbeit v. Jessika Nowak (Millennio Medievale 95 – Strumenti e studi, n. s. 33), Firenze 2013, S. 187–199
Thumser, Matthias
- In Erwartung des Gottesurteils. Letzte Verhandlungen zwischen Papst Clemens IV. und Manfred von Sizilien, in: Zwischen Rom und Santiago
Festschrift für Klaus Herbers zu seinem 65. Geburtstag , hg. v. Cornelia Scherer u. a., Winkler, 2016. - 978-3-89911-239-9. S. 315-334
Thumser, Matthias