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Nüchterne Zeitgenossen - Die Abstinenzbewegung in Bulgarien und der globale Antialkoholdiskurs (1878-1944)
Antragsteller
Professor Dr. Harald Fischer-Tiné
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 47611949
Aufbauend auf den Ergebnissen des in der ersten Förderphase bearbeiteten TeilProjekts ,Indische Mitglieder der Theosophical Society' nimmt das beantragte Nachfolgeprojekt ebenfalls die globale Zirkulation von Wissen, Werten und Normen in den Blick und problematisiert die Rolle von zivilgesellschaftlichen Akteuren in diesem Prozess. Neue Akzente werden dabei durch die geographische Verlagerung vom indischen Subkontinent auf den Balkan sowie die vergleichende Analyse religiöser und säkularer Akteursgruppen gesetzt. Gegenstand sind die Träger der bulgarischen Abstinenzbewegung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Inspiriert von einer weltweiten Konjunktur von Temperenz- und Abstinenzvereinen seit den 1870er Jahren und teilweise in direkter Interaktion mit einigen dieser Organisationen bildete sich auch in dem Balkanstaat eine Antialkohollobby heraus, die sich sehr rasch ausdifferenzierte: Vertreter der orthodoxen Kirche, protestantische Missionare aus den USA, bulgarische und ausländische Mitglieder von internationalen Abstinentenverbänden wie etwa dem ‚sozialhygienisch' orientierten Guttemplerorden sowie Vertreter der sich als respektabler Berufsstand mit Expertenstatus etablierenden Ärzteschaft gehören zu den wichtigsten Trägern der Bewegung. Untersucht werden sollen zum einen die Arten der Vernetzung und Interaktion zwischen diesen heterogenen Gruppen untereinander und mit anderen Akteuren (wie etwa dem Staat oder politischen Parteien) und zweitens die verschiedenen Varianten der lokalen Adaption, Anverwandlung und Weiterverbreitung der religiös-moralischen, eugenischen und medizinischen Stränge des Antialkoholdiskurses. Weitere Schwerpunkte liegen auf der Selbstverortung der Protagonisten der Kampagne sowie der Frage nach deren tatsächlicher Reichweite und Wirkmächtigkeit in der bulgarischen Gesellschaft. Von einer Klärung dieser Fragen darf man Hinweise darüber erhoffen, ob sich die Implementierung der Abstinenzagenda auf dem Balkan eher als Geschichte einer im Entstehen begriffenen globalen Zivilgesellschaft oder als Geschichte eines erfolgreichen ‚Kulturimperialismus' erzählen lässt.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 955:
Akteure der kulturellen Globalisierung, 1890-1940
Internationaler Bezug
Schweiz