Der ökonomische Strukturwandel in der Tonträgerindustrie in West- und Ostdeutschland von Mitte der 1960er- bis Mitte der 1980er-Jahre
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt untersuchte im Rahmen eines deutsch-deutschen Vergleichs den ökonomischen Strukturwandel in der Tonträgerindustrie von den 1950er bis 1980er Jahren, um aus unternehmenshistorischer Perspektive die wesentlichen Herausforderungen und Strategien der Anbieter zu beschreiben. Bereits in den 1950er Jahren zeigten sich die wirtschaftlichen Potenziale von Single und Langspielplatte, wobei die Anbieter schon am Ende des Jahrzehnts von einem deutlichen Wandel der Nachfrage bzw. deren politischer Überformung herausgefordert wurden. Die Hersteller beider Länder reagierten, wenn auch zeitlich verzögert, durch Änderungen und Anpassungen ihrer Angebotsstrukturen, wobei sich in der Bundesrepublik seit Beginn der 1960er Jahre eine internationale Repertoirebeschaffung entwickelte, während in der DDR zu Beginn der 1970er Jahre eine politische und wirtschaftliche Neubewertung der Schallplatte die betriebliche Modernisierung und die Erfüllung kulturpolitischer Aufgaben ermöglichte. Vor allem der intensive Branchenwettbewerb im Rahmen kostspieliger Künstlerverpflichtungen führte bei den westdeutschen Anbietern trotz erheblich steigender Umsätze zu einer sinkenden Ertragskraft, während der VEB Deutsche Schallplatten stärker von einer Zersplitterung der Wertschöpfungskette geprägt war. In beiden Ländern konnte daher insgesamt der wirtschaftliche Erfolg der 1970er Jahre trotz intern bestehender Problemlagen realisiert werden. Vergrößerten die erste Krise und die 1983 in der Bundesrepublik eingeführte Compact Disc den Abstand zwischen Ost und West nochmals erheblich, so setzten sich jedoch auch hier die früh begonnenen und den gesamten Untersuchungszeitraum anhaltenden direkten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Anbietern in West und Ost fort, die insbesondere von Repertoiretausch und Koproduktionen im Bereich der Klassik geprägt waren. Im Rahmen der Tonträgerproduktion konnte daher in beiden Ländern der künstlerischen Dienstleistung eine hohe wirtschaftliche Reichweite verliehen werden, wobei trotz deutlicher politischer Unterschiede die gleiche Herausforderung für die Anbieter darin bestand, die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Mediums entlang der Wertschöpfungskette von Repertoirebeschaffung, Tonträgerherstellung, Handel, Massenmedien und Käufer jeweils erzielen zu müssen. Die enge Kopplung von Dienstleistung und Sachgut führte in der Tonträgerproduktion zu einer konstanten und letztlich auch konstitutiven Bedeutung der Industrie, was die makroökonomische Zäsur der 1970er Jahre zumindest für den Wandel dieser Branche entkräftet.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Wandel vor der Digitalisierung - Die Schallplatte als Perspektive für die Musikwirtschaft der 1950er und 1960er Jahre, in: Musikwirtschaft 2.0 : Bestandsaufnahmen und Perspektiven. Hrsg.: Steffen Höhne et al. [Leipzig] : Leipziger Universitätsverlag, 2014
Müller, Christian A.